Nicci meets Nici (Nicci)

Auch für uns von der Redaktion ist es hier und da schwer, sich in dieser speziellen Session richtig einzufinden und zu motivieren. Ein weiteres Gespräch über Nachhaltigkeit im Karneval wollte ich erst mal nicht führen. Ich brauchte etwas etwas Power, um eine weitere Talk Runde zu starten. Fündig wurde ich bei Nici Kempermann. 

Die gebürtige Grevenbroicherein (Kapellen) lebt seit einigen Jahren in Ehrenfeld und hat für ihre Band Kempes Feinest ihren Job als Friseurmeisterin an den Nagel gehangen. Wer sie kennt und auf der Bühne erlebt hat, weiß, von welcher Energie ich spreche. Ich habe sie bei unserem Gespräch zum allerersten Mal „richtig“ getroffen und es flog ein themenreiches Potpourri über den Karneval, Social Media, starke Frauen und natürlich Corona durch den Raum. Deswegen geht es mir in diesem Beitrag darum, euch etwas über Nici zu erzählen und sie zu zitieren, anstatt wie sonst, einem definierten Thema nachzugehen.

Corona Depression = Künstlertief

Dass Corona nervt, ist auch für Nici klar. Viel mehr nervt sie aber der dadurch entstandene Stillstand in der Musikbranche. Und gerade jetzt, wo die Session voll im Gange wäre, hatte es Nici besonders eingeholt.
„Ich würde sagen, ich war richtig depressiv“.
Überrascht mich nicht, auch ich hatte die letzten Tage mit einem richtigen Tief zu kämpfen. Aber wie muss es für jemanden sein, dessen Lebensinhalt sich gerade in einem Vakuum befindet?
„Kein Applaus, kein Mitsingen vom Publikum… das ist des Musikers Lohn, der fehlt!“
Aber auch Kempes Feinest hat sich Möglichkeiten gesucht, aus diesem Loch zu entfliehen und dem stillliegenden Musikeralltag wieder etwas Schwung zu geben. Live Streams, gemeinsames Tanzen auf Instagram inspirieren Nici wieder zum Songschreiben und weitere Ideen zu entwickeln, um über den „Corona Shit“ hinweg zu kommen.

Selbstbewusstsein steht über Instagram

Nici lässt sich generell nicht so schnell runter kriegen.
„Ich bin auch ein bisschen drüber, was Selbstbewusstsein angeht.“
Als ich sie bat, mir das genauer zu erklären, folgte ein knappes und authentisches
„Ich find mich super!!! Auch wenn ich mal keinen guten Tag habe und mich mein Spiegelbild ankotzt.“
Durch diese Aussage landen wir schnell bei Instagram und Social Media. Als Rampensau erreichen einen hier und da unqualifizierte Nachrichten. Doch Nici steckt Kommentare bezüglich ihres Äußeren locker weg. Einmal hat sie sogar einen Korb kassiert, als rauskam, dass sie ihr Geld als Sängerin verdient.
„Da hat der das Match aufgelöst!“ lacht sie laut.
Und ich lache mit.
„Man muss sich aber auch mal bewusst darüber werden, dass über sowas nicht jeder lachen kann. Und solche Äußerungen einigen Leuten richtig zusetzt.“
Sie ist ganz klar der Meinung, dass die Darstellung auf Social Media Plattformen sehr realitätsfremd ist und gerade für junge Frauen ein falscher Einfluss sein kann. Wir reden uns in Rage, zeigen uns Beispiele, diskutieren darüber und analysieren feministische Bewegungen, die „over the top“ sind. Das was Frauen nach zwei bis drei Kölsch eben so machen 😉

Männer sind eher die Konkurrenz 

Zum Thema Frauen möchte ich noch Nicis Meinung in Bezug auf die Kölner oder besser karnevalistische Musikbranche wissen.
„Wir werden einfach nicht gehört. Egal wie gut wir sind. Wir haben echt oft tolle Auftritte auf großen Veranstaltungen. Aber wenn du einen Besucher anschließend fragst, wer denn alles da war, werden wir nicht mit aufgezählt. Und das liegt nicht daran, dass wir schlecht abgeliefert haben.“ 

Nici ist sich der Qualität ihrer Band bewusst und zweifelt da auch nicht im geringsten.
Einen Lösungsansatz für die Problematik hat Sie allerdings auch nicht.
„Ca. 80 Prozent der Konzertbesucher bei kölschen Bands sind Frauen. Die kriegen wir einfach nicht abgeholt. Selbst wenn wir Musikermädels ein Projekt im Kollektiv machen, würden wir in der Ecke stehen.“
Die Sängerin ist in diesem Punkt sehr überzeugt, aber nicht wütend. Auch hier ist für sie klar, dasssie liebt, was sie tut und sich sehr freuen würde, wenn eine Frau endlich mal einen Erfolgskracher in den Karneval pflanzen könnte.
„Ich sehe mich da auch nicht in Konkurrenz zu den Mädels. Dann eher bei den Kerlen, wo ich denke ‚Mensch! Warum klappt das bei denen schon wieder?!‘“, lacht sie und wir stoßen auf einen weiteren Schluck Kölsch an. 

Ich könnte ewig so weiter tippen und ich hoffe, ich konnte euch einen Eindruck von der Person Nici Kempermann geben. Eine Frau die ihren Standpunkt vertritt und diskutiert, aber bei allem positive Vibes ausstrahlt. Hört euch gerne mal an, was sie mit ihrer Band Kempes Feinest macht. Die aktuelle Nummer „Un ich Danz“ macht Nici besonders stolz und Songs wie „Wenn du nit Danze kanns“ habt ihr alle mindestens ein Mal in einer kölschen Kneipe oder auf einer Karnevalsparty gehört.

Nici, auf bald, vielen Dank für den schönen Austausch. Prost und ne leeven Jroß!

 

Fotos ©Nici Kempermann