Jeck op danze: Kölsche Greesberger (Daisy)

In der vergangenen Wochen ging es wieder rund im Kölner Karneval: „Tanz-Skandal in Köln, Mobbing, Magersucht, Psycho-Druck“ oder „EXPRESS enthüllt geheime Gewichtsliste“. Zu lesen gab es viel. Nun mag das möglicherweise auch stimmen, was da so geschrieben wurde. Ich mag darüber nicht urteilen. Worum es mir geht: Es ist jedes Jahr aufs Neue dieselbe Leier. Immer wieder wird ein Thema gesucht und gefunden, das großes Entsetzen auslöst… 

Sei es der diesjährige „Tanzskandal“, die „Pferde in den Zügen“, die „Alkoholleichen“ oder die „wenigen Frauen im Karneval“,  immer gibt es zwei Seiten der Medaille. Leider neigen wir dazu, das Glas halb leer anstatt halb voll zu sehen. Wir sollten uns lieber an den positiven Dingen erfreuen und realisieren, dass es Perfektion schlichtweg nicht gibt. Auch nicht im Kölner Karneval.

Ich finde, dass dieser Skandal-Hype bei den Tanzgruppen maßlos übertrieben ist. Einer meiner Eindrücke, nur eine Momentaufnahme, stammt aus meiner Begleitung der Kölschen Greesberger. Schon seit meiner Anfangszeit in der Redaktion von „Appsolutjeck“ bin ich immer wieder in Kontakt mit den Greesbergern gewesen. Ich war oft bei ihrem Training und habe sie bei Auftritten begleitet, seien es die Kinder- und Jugend- oder die Erwachsenengruppen. Ich kann jedenfalls mit Bestimmtheit sagen: Man sollte niemals alles über einen Kamm scheren!

Vorbereitung

Es ist Mittwoch Nachmittag, ich stehe im Foyer des Gürzenich und warte, dass die Tänzer und Tänzerinnen der Greesberger eintreffen. Ich bin das erste Mal bei der Jugend dabei. Niemand weiß also, wer ich bin oder wie ich aussehe. Also kann ich genau beobachten, wie die Jungs und Mädchen miteinander umgehen, die Trainer oder auch der Tanzgruppenleiter. Freudestrahlend kommen mir die ersten entgegen.

Man sucht sich ein Eckchen und macht es sich auf den Boden bequem. Dehnübungen sind angesagt, schließlich sollen Verletzungen möglichst verhindert werden. Die Übungen werden nicht gemacht, weil jemand die Tänzer dazu zwingt, sondern weil man nur eines will: Tanzen! Und das geht nun mal nur, wenn man seinen Bewegungsapparat fit hält. Man hört viele Mädchen sagen „Komm, ich flechte dir noch schnell die Zöpfe neu, die sind durcheinander.“ Man hilft sich untereinander, man will das Bestmögliche geben, ohne dass die Freude zu kurz kommt. Dann geht’s auch gleich auf die Bühne.

Auf geht’s

Und dann ist er da, der große Moment: Die Jungs und Mädels der Greesberger stehen im Scheinwerferlicht auf der Bühne und haben ihren großen Auftritt. Strahlend bis über beide Ohren. Unten am Rand der Bühne, wo ich mich befinde, sehe ich Trainerin Marion Lambrecht, Tanzgruppenleiter und Geschäftsführer Georg Steinhausen und einige Mütter. Alle sind sichtlich stolz auf die Gruppe. Fotos und Videos werden gemacht. Es müssen sich Hunderte auf ihrem Smartphones befinden, denn bei jedem Auftritt werden sie aufs Neue fotografiert. Ich kann nicht erkennen, wer da grade glücklicher ist. Ein bisschen erinnert es mich an meinen Vater, der mich genauso begeistert anschaute und fotografierte, als ich mein Abiturzeugnis erhalten hatte. Nur mit dem Unterschied das ich „Papas kleines Mädchen“ bin. Was mich im Umkehrschluss folgern  lässt: Familie ist soviel mehr als der rein biologisch verstandene Begriff der Blutsverwandtschaft. Aber die Jungs und Mädels auf der Bühne und die Betreuer und Angehörigen unten im Saal sind auch eine große Familie. Gemeinsam Freude leben, dafür braucht es keine Blutsverwandtschaft.

Nach dem Auftritt ist vor dem Auftritt

Als der Auftritt beendet war, ging es zügig wieder zurück ins Foyer. Als ich mich verabschieden wollte, habe ich noch eine interessante Situation erlebt, die mich berührt hat. Zwei der Mädchen gingen auf den Tanzgruppenleiter der Grenzberger zu „Georg, wir werden ja bald 18 und dann sind wir raus aus der Jugendtanzgruppe. Aber wir wollen irgendwie weitermachen, vielleicht können wir unsere Trainerin unterstützen?“ „Besprecht das mal lieber direkt mit  Marion.“

Und daran erkennt man: Die Jungs und Mädels, machen das wirklich aus Spaß an d’r Freud. Nicht nur weil sie bühnengeil sind. Sie lieben den Tanz, das Training und ihre Freundschaften und wollen weiterhin ein Teil dieser Familie sein, auch wenn sie dann nur noch im Hintergrund agieren dürfen. So sollte das sein, ist es auch und das ist gut so! Jedenfalls habe ich das bei den Kölschen Greesberger erlebt und das gilt sicher auch für die vielen anderen wundervollen Tanzgruppen auf den Kölner Bühnen.

Bildnachweis: Alle Fotos © Daisy Durczynski