Kölsch zu singen, zu trinken, zu fühlen (Frank)

Typisch Kölsch! „Kniet nieder!“ steht in weißen Lettern auf dem Rücken der roten Trainingsjacken. Darunter – wie sollte es anders sein – prangt das Logo des FC mit dem Geißbock darüber. Zu bewundern war dies am vergangenen Freitag an einem mit sechs Mann besetzten Tisch im Brauhaus „Gaffel am Dom“.

Selbst im Schatten des Doms beugt sich der Kölner keiner anderen Obrigkeit als dem Fußballgott. Wer diese oder andere für diese Stadt mit Hätz un Siel (Herz und Seele) so kennzeichnenden Eigenarten einmal hautnah erleben will, ist hier, in diesem Tempel kölscher Lebenslust und Lebensart neben der Edelherberge Excelsior Hotel Ernst, genau richtig.

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Ein kölsches Wochenende beginnt

Pünktlich zum Einläuten des Wochenendes trudeln ab 20 Uhr in Scharen die Gäste ein – Schwerstarbeit für die Leute des ganz in schwarz gekleideten Sicherheitsdienstes am Eingang. Hat man es dann endlich in den lang gezogenen und wirklich großzügigen Gastraum geschafft, schallt einem der Lärmpegel vieler lebhafter und in entsprechender Lautstärke geführter Unterhaltungen entgegen. Nichts also für Ruhesuchende, und man braucht etwas Zeit, um sich zu akklimatisieren.

Fußball

Auf den zahlreichen Monitoren an den Wänden flimmert eines der Freitagabendspiele der 1. Bundesliga. Dieses Mal steht die Partie zwischen dem Hamburger SV und Bayer Leverkusen auf dem Programm. Und was soll ich sagen: Der HSV gewinnt – (Schaden-)Freude pur! Das ist schon einmal ein klasse Beginn des Abends, so kann es ruhig weitergehen. Denn auch das ist typisch kölsch: Mer moss och jünne künne (Man muss auch gönnen können) – vor allem, wenn der Leidtragende Bayer Leverkusen heißt.

Kölsch

An der Theke haben ich und mein Freund Martin uns mühsam einen Platz erkämpft – nicht ohne Murren meines um rund zwei Köpfe größeren Nebenmanns. Kurze Diskussion: „Willste mir jetzt ne Konfrontation opzwinge? Oder soll‘n mer mal vor de Tür?“ „Nee, lass mal, zu nass, zu kalt und zu viele Raucher.“ Also erst einmal ein Versöhnungskölsch bestellt – lecker!

Neben dem FC ist das Leib- und Magengetränk des Domstädters die zweite heilige Kuh, die der Kölner allzu gerne auch mal als in Bronze gegossene Skulptur verewigt. So ist unmittelbar vor mir das Abbild eines frisch gezapften Blonden auf den Tresen geschraubt. Und nicht nur einmal greife ich versehentlich im Eifer des Gefechts hiernach statt nach meiner „Flöte“ (dünnwandiges, hohes Stielglas für den rheinländischen Hopfentrunk).

Singen

Der Höhepunkt des Abends beginnt aber erst um 22.30 Uhr: Björn Heuser singt etwa eine Stunde lang unplugged und nur begleitet von seiner Akustikgitarre kölsches Liedgut zum Mitsingen und Mitschunkeln. Dies ist mittlerweile schon ein Ritual und bildet hier auch außerhalb der fünften Jahreszeit jeden Freitag den Auftakt zum „Happy Weekend“. Typisch kölsch eben.

Das hat sich natürlich ebenso bei den Imis herumgesprochen. Und so ist es nicht wirklich verwunderlich, dass wir, während wir auf den Auftritt des kölschen Bob Dylan warten, eine nette Hessin aus Aschaffenburg kennenlernen. Auch im näheren Umfeld wird auf Teufel komm raus geflirtet. Ein besonders leckeres Mädchen fragt ihren Nachbarn nach längerem Schwoof: „Du bist doch sicher verheiratet?“ Die Antwort dringt zwar aufgrund des zunehmenden Lärmpegels nicht bis an mein Ohr. Doch da sich der Abstand zwischen den beiden anschließend wieder vergrößert, kann ich mir den Wortlaut schon denken.

Und dann geht es endlich los: mit „ming eetste Fründin dat wor dat Meier`s Kättche“, die „dä Ahl e paar blömcher“ schenkt, in der „Kayjass Nummer Null zor Schull“ gegangen ist, gerne „eene met trink“ und natürlich ebenso aus dem vollsten Brustton der Überzeugung einstimmt in die FC-Hymne: „Mer stonn zo dir FC Kölle“. Hierbei bleibt kein auch noch so sangesunkundiger Mund geschlossen, und es wird geschunkelt, dass sich die Balken biegen.

Schunkeln

Dabei ist es völlig egal, ob der Nachbar oder die Nachbarin schwarz, gelb, rot oder „kariert“ ist. Oder ob ein Imi aus Bayern oder etwa aus Düsseldorf kommt. Hauptsache, man hakt sich ein und gibt sich dem „Wiegen der Seele“ ganz hin. Auch dies ist typisch kölsch.

Martin und ich kommen derweil genau auf diese Weise Aschaffenburg näher – natürlich nur beim Schunkeln. Und als sich dann gegen Mitternacht die Gemüter wieder beruhigt haben, entwickelt sich ebenfalls mit der Freundin unserer netten Hessin ein Gespräch. Wir erfahren, dass sie rechtsrheinischen „Migrationshintergrund“ hat und aus Brück ist. Sie wiederum erfährt, dass Martin und ich „Appelsinefunke“ sind. „Na, dann müsst Ihr doch eigentlich meinen Chef kennen?“, fragt sie erwartungsvoll. Na klar kennen wir den. Denn es stellt sich heraus, dass es sich um den Prinz Karneval von 2013 handelt. Und als wir schließlich auch ihren Namen in Erfahrung bringen, dämmert mir und ihr, dass wir vor ein paar Tagen geschäftlich miteinander telefoniert haben. Wir müssen herzhaft lachen. Auch das ist typisch kölsch: Uns Stadt am Ring ist eben trotz Multikulti und vieler Imis irgendwo ein Dorf geblieben.

So endet ein wie immer typisch kölscher Abend im Gaffel am Dom. Mit Kölsch in der Hand, viel „Siel“ (Seele) im „Hätz“ (Herz) sowie neuen Kontakten nach Aschaffenburg und Brück.

 

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