Christoph Kuckelkorn: „Karneval gelebt, von Kindheit an“ (Brigitte)

Seit März 2017 ist Christoph Kuckelkorn Präsident des Festkomitees Kölner Karneval. Zuvor hat er zwölf Jahre den Rosenmontagszug geleitet und dabei neu aufgestellt. Die Redaktion von „AppSolut jeck“ wollte wissen, was den Menschen bewegt, jetzt eine solch große Aufgabe zu übernehmen.

Der Fastelovend, so beschreibt es Christoph Kuckelkorn, sei für ihn nicht nur eine große Leidenschaft, sondern ein fester Bestandteil seines Lebens. Und das schon von Kindesbeinen an, er ist seitdem bei den Blauen Funken aktiv . Er habe die letzten zwölf Jahre im Festkomitee in einem tollen Team gearbeitet und erlebt, wie reizvoll es sei, sich einzubringen und den Karneval entscheidend mitzugestalten. Als Markus Ritterbach sein Präsidentenamt niederlegte, habe dann Anfang des Jahres die Frage im Raum gestanden, wie es weitergehen könne. Weil ihm vom ganzen Team das uneingeschränkte Vertrauen entgegengebracht worden sei, habe er gefühlt, dass dieses Amt eine schöne neue Herausforderung für ihn sein könnte.

Wechsel mit Schmerzen 

Der Rosenmontagszug, erzählt Kuckelkorn, sei ein in sich geschlossenes Projekt, das ihn in den letzten Jahren geprägt habe.  Auch er selbst sei dadurch vielleicht ein bisschen geprägt worden. Hier habe er seine Kreativität und seine logistischen und organisatorischen Fähigkeiten entfalten können. Zudem sei er mit den Menschen, die dort arbeiten, zusammengewachsen und eins geworden.

Jetzt sei es schön, von außen zu sehen, wie das Projekt Rosenmontagszug weiterwachse. Es fühle sich für ihn ein Stück weit so an wie für Eltern, die ihr Kind in die Selbstständigkeit entließen. Daran müsse er sich aber erst noch gewöhnen. Jetzt, nach ein paar Monaten, wisse er jedoch, dass dies für ihn der richtige Weg sei, und könne sagen „Ich freue mich darauf.“

Kuckelkorns neue Projekte

In den letzten Jahren habe man, so Kuckelkorn, schwerpunktmäßig daran gearbeitet, den Karneval für die Zukunft finanziell abzusichern. Nun ginge es darum, die Arbeit näher an den Karneval selbst mit all seinen Facetten zu rücken. Einer erster Schritt sei mit der Gründung eines Beirats aus den Karnevalsgesellschaften gemacht. Dieser unterstütze mit seinem karnevalistischen Sachverstand den Vorstand und die Geschäftsführung und gleichzeitig dürfe er auch bei der Besetzung des Aufsichtsrats, der Aufnahme von Fördermitgliedschaften usw. mitbestimmen.

Kuckelkorn sieht das Festkomitee künftig nicht nur als Interessensvertretung für seine Mitgliedsgesellschaften. Er möchte die Vernetzung des gesamten Kölner Karnevals vorantreiben, um den Karneval in seiner ganzen Breite zu fördern. Bis dato vertrete man nur die Interessen der angeschlossenen Gesellschaften, die jedoch nur einen Bruchteil des Karnevals ausmachten. Straßen-, Kneipen oder Schulkarneval gehörten noch nicht dazu.

Neue Strukturen

Deshalb böte die neue Mitgliederstruktur des Festkomitees eine Fördermitgliedschaft an.  Diese müsse nicht die ganzen Verpflichtungen übernehmen, die ein ordentliches Mitglied erfüllen müsse. Dadurch könnten alle Gruppen am Netzwerk des Festkomitees partizipieren. In einem ersten Schritt habe man schon die Zugleiter aller Veedelszüge in Köln zum Austausch eingeladen. Dieser Schritt sei auf viel positive Resonanz gestoßen. Denn dadurch könnten die Zugleiter künftig direkt von den Erfahrungen des Festkomitees profitieren. Z.B. könnten sie sich nun besser über Probleme bei Finanzierung, Sicherheitskonzepten, TÜVAbnahme etc. austauschen.

„Mir all sin Kölle“

Für ihn, so Kuckelkorn, sei es eine vordringliche Aufgabe, das bunte Zusammenleben in der Stadt zu unterstützen. Dabei werde auch die Integration von Menschen anderer Länder und Kulturen über den Karneval hinaus gefördert. Ganz im Sinne der Aktion „Mir all sin Kölle“ – gleich welcher Herkunft und Kultur wir sind. Und der Karneval sei das ideale Projekt dafür.

Es sei wichtig, die Traditionen des Fastelovends – die Teil der Kulturgutserklärung seien – zeitgemäß weiterzuentwickeln. Diese Frage stelle sich in allen Karnevalshochburgen. Deshalb möchte sich Kuckelkorn auch gerne mit den anderen Karnevalshochburgen vernetzen und austauschen. Es ginge überall um die Themen Sicherheit, Marketing und Finanzen. Die Ausprägung des Karnevals sei dabei egal, weil auf der handwerklichen Ebene die Aufgaben ähnlich seien.

Alle müssten sich fragen, wie diese Dinge in Zukunft zu leisten sein werden und wie das Ehrenamt langfristig seine hohe Professionalität überhaupt leisten könne.

Das Ehrenamt fordert viel Engagement

Das Stichwort Ehrenamt bringt uns zu der Frage, wie der Vorstand des Festkomitees ehrenamtlich tätig sein könne, wenn doch anderswo große Unternehmen von gut bezahlten Vorständen geleitet würden.

Auf seine Person bezogen, meint Kuckelkorn, sei das nur dadurch möglich, weil er in einer Familie groß geworden sei, in der das Oberhaupt immer ein großes Ehrenamt innehatte. So habe sein Vater über 40 Jahre im Vorstand der Blauen Funken agiert. Bei ihm hätten sich Familie und Unternehmen auf die ehrenamtliche Tätigkeit eingestellt. Er werde dank der intensiven Vernetzung seiner Mitarbeiter im Festkomitee wie im Unternehmen gut organisiert und auf Themen gut vorbereitet. Mehr als 50 Prozent seiner Zeit könne er so seinem Ehrenamt widmen. Dies sei aber auch das, was ihn antreibe und befruchtet. Er brauche das Ehrenamt, um in seinem Hauptamt seine Kreativität zu bewahren und dort nicht betriebsblind zu werden. Er nehme immer von beiden Bereichen Ideen mit.

Karneval im Wandel

Kuckelkorn führt aus, dass sich der professionelle Anspruch im Karneval in den letzten Jahrzehnten massiv verändert habe. Heute sei der Sitzungsbesucher nicht mehr zufrieden mit einem zweitklassigen Programm, einem zweitklassigen Sitzungsleiter oder einer zweitklassigen Gastronomie.

Heutzutage verlange man etwas, im Veedelskarneval wie im organisierten Sitzungskarneval. Aus diesem Grunde sei es eine wichtige Aufgabe, den Ehrenamtlern zu helfen, die erforderliche hohe Professionalität leisten zu können. Denn die Beibehaltung der ehrenamtlichen Tätigkeit, so Kuckelkorn, liege ihm besonders am Herzen. Im Karneval sollen nicht die kommerziellen Interessen dominieren und der Fastelovend zum Spielball des Marktes werden.

Karneval ist der Kitt, der alles zusammenhält“ 

Wir möchten wissen, was Menschen antreibt, ein Ehrenamt im Karneval zu übernehmen. Kuckelkorn beschreibt, dass der Karneval in Köln in gewisser Weise der Kitt sei, der alles zusammenhalte und auch für eine ganz besondere Art von Stimmung zuständig sei. Und in diesem Bereich sei es üblich, dass sich Menschen organisieren. Man erlebe es oft bei Menschen, die neu nach Köln kommen, dass es nicht lange dauere, bis sie im Karneval ankämen, ihren Karneval irgendwo fänden und sich dann dort engagierten. Er wisse nicht, was der Sog sei. Natürlich spiele das Ego eine Rolle, denn Karneval sei ja auch immer ein Spiel der Eitelkeiten. Im Amt genieße man Privilegien und Anerkennung, die man aber nur erreiche, wenn man Leistung bringe. Das sei eigentlich ein schönes System, das überhaupt nicht monetär sei, sondern nur über gegenseitige Wertschätzung funktioniere. Und das sei ein sehr wichtiger Motor im Karneval.

Ein ganz anderer Motor ist für Kuckelkorn der soziale Faktor im Karneval. Nämlich der Wunsch, mit seinem Wirken auch etwas Gutes und Bleibendes zu schaffen. Und genau das sei es, was man in den Karnevalsgesellschaften erleben könne. Dass so viele soziale Projekte stattfänden, dass so viel bürgerliches Engagement mit Arbeit und Finanzen in soziale Projekte gehe, sei weltweit einmalig.

Das Lebensgefühl unserer Stadt sei ein sehr besonderes und dafür sei der Karneval eine treibende Kraft: Alle haben das Gleiche an, alle liegen sich in den Armen, alle singen und schwelgen in dem Gemeinschaftsgefühl – das wirke nach, so Kuckelkorn.

Bildnachweis: Alle Fotos BKB Verlag.