„Außenminister“ des Kölner Karnevals (Brigitte)

Sind die Kölner Jecken jetzt völlig jeck, oder was: Das Festkomitee braucht einen „Außenminister“? Was um Himmelswillen soll der denn tun? Holger Kirsch, seit kurzem im Vorstand des Festkomitees Kölner Karneval, hat die Aufgabe übernommen, unseren schönen Fastelovend über die Stadtgrenzen hinaus zu repräsentieren und uns mit anderen Karnevals- und Faschingsstädten zu vernetzen. Die appsolutjeck-Redaktion wollte wissen, was die neue Aufgabe konkret bedeutet. Wir sprachen mit dem Ex-Prinzen Holger I. aus dem Kölner Dreigestirn von 2015, besser bekannt als der Prinz mit der Mundharmonika, über sein neues Amt und über das, was ihn persönlich bei dieser Arbeit bewegt.

Holger Kirsch Prinz

„Es war immer schon mein Wunsch, unser Fest mitzugestalten und in seinen Ausformungen zu erhalten. Und weil Karneval nunmal Brauchtum in unzähligen Regionen in unserem Land ist und die Probleme eigentlich überall gleich sind, ist es wichtig, den Austausch miteinander zu pflegen, über den Tellerrand zu schauen, um dann die die Erfahrungen anderer außerhalb Kölns zu sammeln und ggf. auch zu verwenden.“ Aus diesen Gründen ist Holger Kirsch seit anderthalb Jahren im Bund Deutscher Karneval engagiert und vertritt dort nun auch das Festkomitee Kölner Karneval. 

Was aber ist der Bund Deutscher Karneval (BDK)?

Der BDK ist der Interessensverband der Fastnachts- und Karnevalsvereine deutschlandweit, er vertritt über 5.300 Mitgliedsgesellschaften aus 35 Regionalverbänden und steht für 2,6 Millionen Menschen. Das bedeutet, er nimmt die Sorgen und Nöte aus den unterschiedlichen Regionen auf, diskutiert diese auf Präsidiumssitzungen und unterbreitet Lösungsvorschläge, die über seine Medien (Website, Fastnachtmagazin) veröffentlicht werden. Bundesweit setzt er sich für die Einführung eines Brauchtumtages in Schulen ein, an dem Kindern Sitten und Gebräuche aus ihrem unmittelbaren Umfeld näher gebracht werden und unterhält in Kitzingen ein Fastnachtsmuseum, das die Geschichte von Karneval, Fasching und Fastnacht darstellt.

„Für das Festkomitee Kölner Karneval ist es angesichts seiner bundesweit einmaligen Professionalität quasi eine Verpflichtung, dass wir uns mit unserem Erfahrungsschatz beim BDK einbringen.“ Auf seinen Reisen durch die Karnevalslandschaften in Deutschland hat Holger Kirsch gelernt, dass es den professionellen Karneval, wie wir ihn in Köln kennen, sonst eigentlich nirgends gibt. „In vielen Regionen kommt das Programm bei den Sitzungen komplett aus den eigenen Reihen. Da werden die Reden selber geschrieben, kommen die Musiker aus der Gesellschaft, Honorarkräfte gibt es nur sehr selten.“ Holger Kirsch erzählt immer noch begeistert davon, wie liebevoll die Programme gestaltet sind und mit viel Liebe und Herz gefeiert wird.

2. Rheinisches Gardetreffen 

Was für ihn völlig neu gewesen sei, ist der karnevalistische Tanzsport. „Das geht uns in Köln ja so ein bisschen ab, dass man das Tanzen unter einem Wettbewerbsgedanken ausübt“,

2. rheinisches Gardetreffenerzählt er, aber außerhalb von Köln sei das ganz anders.  Und im Bereich des Tanzturniersport spielt der BDK eine ganz wichtige Rolle. Jedes Jahr gibt es deutsche Meisterschaften, die zuletzt in Halle an der Saale an zwei Tagen 10.000 Gäste begeistert haben. „Wir werden 2023, wenn das Festkomitee sein 200jähriges Jubiläum feiert, die Deutschen Meisterschaften in Köln durchführen“, so Holger Kirsch, denn 2023 gehöre nun mal alles, was mit Karneval zu tun hat, nach Köln!

In Köln kennt man diese Deutschen Meisterschaften kaum, weil die Kölner Tanzgruppen daran nicht teilnehmen. Sie haben sich noch nie dem umfangreiches Regelwerk des karnevalistischen Tanzsport unterworfen, das u.a. keine Würfe und akrobatische Einlagen erlaubt.

„Wir Kölner erfreuen uns ja eher an dem Bild der Tanzgruppen und insgesamt ist das Tanzturniersportwesen im ganzen Rheinland eher dünn besetzt.“ Deshalb findet kommenden Samstag, am 24.11.2018, das 2. Rheinische Gardetreffen im Sartory statt. Dort können sich Tanzgruppen aus dem Rheinland ohne Wettbewerbsdruck überregional präsentieren. Aus Spass an d’r Freud, aber ohne Regelwerk und Meisterschaft!

„Man wird wohl kaum ein besseres Programm, was den Tanzsport angeht, zusammenstellen“, schwärmt Holger Kirsch. Mit der Luftflotte, der StattGarde Ahoj und den Fidelen Sandhasen sind die drei Erstplatzierten des letztjährigen Närrischen Oscars vertreten, u.a. auch die REZAG Husaren, der Spezialist für Damensitzungen in dieser Region, die Tanzgarde der Landeshauptstadt Düsseldorf und die Tanzgarde „Schwerfe bliev Schwerfe“ .

Und damit ist noch nicht Schluss

Weil ein „Außenminister“ aber nun mal viele Aufgaben hat, arbeitet Holger Kirsch auch gemeinsam mit Karnevalisten aus Aachen, Bonn und Düsseldorf daran, dass der Rheinische Karneval zum immateriellen Weltkulturerbe wird.

Bedenkt man, dass er zudem noch Zugleiter Alexander Dieper bei der Organisation des Rosenmontagszuges unterstützt, in seiner Flittarder KG aktiv ist und mit dem Verein „Laachende Hätze“ bis heute viele Spendengelder zur Unterstützung benachteiligter Kinder einsammelt und verteilt, bleibt nur eine Frage: „Kommst du eigentlich noch zum Karneval feiern?“ 

Holger Kirsch auf der Straße

Holger Kirsch lacht und meint, die Rollenverteilung habe sich seit seiner Dreigestirnszeit entschieden verändert. „ Eigentlich bin ich nicht mehr unterwegs um Karneval zu feiern, sondern eher um die Wege zu bereiten, damit andere Karneval feiern können.“ Es fände sich aber trotzdem noch die oder andere Möglichkeit Karneval zu feiern …

Oft werde er gefragt „ Warum tust du dir das eigentlich an?“ Und die Antwort sollte manchen nachdenklich stimmen: „Was der Karneval in dieser komprimierten Zeit als Prinz im Dreigestirn mir gegeben hat, das muss irgendwie zurückgezahlt werden. Die Zeit war überragend. Ich bin dem Karneval so dankbar dafür, dass ich mich jetzt auch in der Verpflichtung sehe.“

 

Bildnachweis: Alle Fotos Joachim Badura und BKB Verlag.