Allein unter Männern – Altstädter Härekommers (Nicci)

Dass ich mal Gelegenheit bekommen würde einen Härekommers zu besuchen, hätte ich mir nicht vorstellen können. Immerhin handelt es sich hierbei um eine reine Herrenveranstaltung und außer auf der Bühne sind im ganzen Saal keine Frauen zu sehen. Außer mir. Ich war eingeladen solch einen Männertag zu dokumentieren.

Härekommers der Altstädter

Also, Kamera ins Gepäck und los Richtung Gürzenich. Es war Sonntag Mittag und für meine Verhältnisse auch recht früh. Um 11 Uhr nahmen die ersten Herren bereits ihre Plätze im Saal ein und tranken Kölsch. Sogar im Saal! Das Kölner Brauereigut durfte beim Härekommers ausnahmsweise im Gürzenich auf dem Sitzplatz getrunken werden. 

Kölsch, Fleisch und der FC Köln.

Präsident Hans Kölschbach betrat die Bühne und hielt eine kurze Ansprache zum Ablauf des Tages. Denn bevor das eigentliche Programm losgehen sollte, wurde erst mal gefuttert. Und ganz nach dem Geschmack der maskulinen Zunge – Fleisch! Hämmchen, um genau zu sein. Auch ich durfte eine der üppigen Portionen zu mir nehmen und hatte somit eine gute Grundlage für einen feuchtfröhlichen Nachmittag. Männer sind ja bekanntlich trinkfest.
Aufmerksam hörte ich zu, was die Herren mit dem Kölsch im Anschlag für Gesprächsthemen hatten. Ganz klar – FC und das letzte Heimspiel. Ein amüsanter Anblick, der einem auch in manchen Fußballkneipen so präsentiert wird. Denn ich zweifle sehr stark an den körperlichen Kompetenzen der lautesten Herren, den Ball besser über das Grün zu spielen als die Profis vom 1. FC Köln. Aber die Leidenschaft für die Sache ist definitiv da.

Alle satt – weiter im Programm

Das emotionale Highlight des Tages. Der von der Bühne zurückgetretene Jupp Menth war zu Gast am Ehrentisch des Präsidenten. Jupp, der wegen seines Bühnenprogramms in harte Kritik geraten ist, sagte aufgrund der darauf folgenden körperlichen Belastung und gesundheitlichen Konsequenzen alle weiteren Sessionsauftritte ab und kündigte seinen Rücktritt aus dem Karnevalsgeschäft an. Ein Ergebnis, dass für echte Karnevalisten, wie sie auch in den Reihen der Altstädter vertreten sind, bitter ist. Um Hans Kölschbach zu zitieren: „Der Karneval braucht Redner, die den Mut haben, politisch zu karikieren.“ Und Hand aufs Herz, warum sollte man heute ein Blatt vor den Mund nehmen? Gerade im Karneval, wo es noch nie eine Scheu gab, sensible Themen anzusprechen und aufs Korn zu nehmen. Dementsprechend war der Moment, als Jupp die Bühne betrat, ein sehr emotionaler. Die Gäste des Härekommers erhoben sich von den Plätzen und würdigten ihn mit einem nicht enden wollenden Applaus. Ich schwöre, ich habe sogar Tränen fließen sehen. Jupp bedankte sich bei dem Traditionskorps für diese Geste und stand mit erhobenen Haupt auf der Bühne, um ein paar Worte an das Publikum zu richten. Keine Trauerrede oder Rechtfertigung. Eine Ansprache, dass es im Kölner Karneval weitergehen werde und wir Jecken weiter machen sollen.

Nun aber zurück zu den freudigeren Angelegenheiten. Redner Guido Cantz betrat die Bühne. Der Blondschopf weiß, wie er die Männer zu handhaben hat. Ich durfte ihn ja bereits drei Mal in diesem Jahr im Karneval erleben und kann deswegen urteilen, dass seine Improvisation und sein Humor den doch etwas niederen Geschmack des männlichen Geschlechts ziemlich gut getroffen hat. Ich gebe zu, ich konnte auch herzlich mitlachen. Aber ich würde wetten, dass die ein oder andere Dame hoch rot angelaufen wäre. Klar waren auch Bands am Start. Die Höhner und die Räuber sangen ihre Klassiker mit dem größten Männerchor von Köln. Mit der Hand auf der Brust, beim Nachbarn eingehakt und laut aus tiefster Kehle mitsingend, machte der ganze Saal mit. Schön war das! Für die Augen gab es Leckerbissen, als die Palm Beach Girls und die Cheerleader vom 1. FC Köln auftraten. Da freuten sich die Jungs! Wahrscheinlich etwas mehr über die knappen Outfits der Mädels als über die beindruckende Akrobatik. Aber das kann man ihnen ja auch nicht verübeln.

Auftritt von Guido Cantz beim Härekommers des Traditionskorps Kölner Altststädter

Und was soll ich sagen? Wieso gibt es das denn so nicht für Mädels? Eine Extended-Version der Damensitzung. Die meisten von uns Ladys sind ebenfalls von der Weinpflicht in den meisten Sälen genervt und würden gerne ein deftiges Stück Fleisch serviert bekommen, bevor die offizielle Bespaßung beginnt. So eine robuste Veranstaltung, vergleichbar mit dem Härekommers, würde ich sehr begrüßen. Leider wird das wohl das einzige Mal gewesen sein, dass ich bei einer Herrenveranstaltung anwesend sein durfte.