Falafel & Kölsch: Karneval in der Synagoge (Brigitte)

Falafel, in Israel so beliebt wie das Kölsch in Köln, und Kölsch – geht das zusammen? Ja, und wie! Karnevalisten in ihren Uniformen im Dom, ein Fässchen am Altar, kölsche Tön in der Messe, das ist im Kölner Karneval nichts Ungewöhnliches. Ein karnevalistischer Frühschoppen in der Synagoge schon. Den hatte am ersten Sonntag im Januar Kölns jüdischer Karnevalsverein, die „Kölsche Kippa Köpp“ veranstaltet und mit seiner ersten öffentlichen Veranstaltung direkt die Premiere erfolgreich gefeiert!

Führung durch die Synagoge

Schon um 10 Uhr war es voll im Vorraum auf der Roonstraße. Viele Jecken hatten die Einladung angenommen, bei der Führung die Synagoge kennen zu lernen. Michael Rado, seit 1952 Mitglied der jüdischen Gemeinde und dort vielfältig engagiert, zeichnete mit Witz und vielen Informationen ein lebendiges Bild über Bau und Wiederaufbau der Synagoge, auch über den jüdischen Glauben und seine Rituale.

 

Schon immer eng verbunden

Ganz nebenbei erfuhr man auch, wie eng die jüdische Gemeinde schon immer mit dem Karneval verbunden war. So hatte Moritz Goldschmidt nach dem 2. Weltkrieg die Plaggen der Kölner Karnevalsvereine bei der Synagogen-Gemeinde in der Ottostraße versteckt, weil die englischen Besatzer alles Völkische – und dazu zählte in ihren Augen auch der Karneval – verbannen wollten. Schnell war die Zeit der Führung vorbei, was man fast ein wenig bedauerte. Aber schließlich waren wir ja zum Karnevals-Frühschoppen gekommen.

Frühschoppen an einem unüblichen Ort

Der Gemeindesaal hatte sich schnell gefüllt, Tischreihen und Stehtische waren aufgebaut wie in vielen anderen Sälen. Karnevalistischer Frühschoppen eben. Und doch war etwas anders. Es war die erste öffentliche Veranstaltung der Kölsche Kippa Köpp und Präsident Aaron Knappstein sichtlich nervös. Hier wurde Geschichte geschrieben. Zum ersten Mal nach 1933 fand eine jüdische Karnevalssitzung im Gemeindesaal der Synagoge statt und das dank der Kölschen Kippa Köpp. Das war nicht nur für die jüdische Gemeinde ein ganz besonderes Ereignis.

Erster jüdischer Karnevalsverein

Als sich die Kölsche Kippa Köpp im letzten Jahr der Öffentlichkeit präsentierten, war das mediale Echo groß und zwar weltweit. Angesichts der unheilvollen deutschen Vergangenheit war das nicht wirklich verwunderlich, sind sie doch der erste jüdische Karnevalsverein seit der Nazizeit. Dabei hatten sich die Jecken vor gut zwei Jahren weder als religiöse Gruppe noch als Zeichen gegen den Antisemitismus gegründet. Sie wollten einfach nur zeigen, dass die Kölner Juden schon immer Teil des karnevalistischen Lebens waren und immer noch sind. Dass immer schon Juden mit Nicht-Juden Karneval gefeiert haben. So steht der Verein jedem offen, der zur Gruppe passt, und viele Gründungsmitglieder waren schon vorher in anderen Karnevalsgesellschaften aktiv. Also alles ganz normal wie bei jeder neu gegründeten KG.

KKK

Einzig mit ihrem Namen spielen die Jecken ganz bewusst auf die Vergangenheit an. In Erinnerung an den jüdischen Karnevalsverein „Kleiner Kölner Klub“ tragen sie die drei großen K im Namen. Der „Kleine Kölner Club“ war ähnlich wie die Altstädter 1922 als Kegelverein gegründet worden und hatte sich dann schnell in einen Karnevalsverein gewandelt. Vermutlich weil schon ab den 1920-erJahren jüdische Karnevalisten aus verschiedenen Traditionsgesellschaften ausgeschlossen worden waren. Das brutale Ende für den KKK kam dann in den 1930er Jahren mit dem Ausschluss aller Juden aus dem Kölner Karneval und deren Verfolgung und Ermordung.

Und wenn et Trömmelche jeiht… Einmarsch, die Blauen Funken zogen in den Saal, es waren so viele, dass sie nicht alle auf die Bühne passen. Und wie in Köln üblich, dauerte es nicht lange, wenn der Spillmannszoch die bekannten Lieder spielt, alle nahmen sich in den Arm und schunkelten.

Hochrangige Gäste

Dabei waren Gemeindemitglieder, befreundete Karnevalisten, Festkomitee-Präsident Christoph Kuckelkorn mit Vizepräsidentin Christine Flock, das Jan- und Griet-Paar 2020, Dirk und Jackie Kenntner, aber auch viele interessierte Jecken, die sich einfach so Karten besorgt hatten.

 

Danksagungen

Nach dem Auftritt der Blauen Funken stand wie bei einem Ordensabend Internes auf dem Programm. Präsident Aaron Knappstein rief die Mitglieder des Vorstandes nach vorne – angefangen mit 12 Jecken zählen heute schon 39 zu den Kippa Köpp – und überreicht den beiden Ehrenmitgliedern, Senatspräsident der Blauen Funken, und Christoph Kuckelkorn, Präsident des Festkomitees Kölner Karneval, zum Dank für ihre Hilfe und Unterstützung Urkunde und Krätzchen der Kippa Köpp. 

Das sieht auf den ersten Blick aus wie viele Kätzchen – blau und weiß, der Namen „Kölsche Kippa Köpp“ steht auch in hebräischer Schrift. Aber etwas ist anders, man kann es nämlich an einer Seite hochklappen und darunter erscheinen auf rotem Grund der Davidstern, der siebenarmige Leuchter und ein hebräisches Gebet, das den Wunsch ausdrückt, jemanden wohlbehalten und friedlich zum Ziel einer Reise zu bringen. Das dürfte es sonst im Kölner Karneval nicht geben.

 

Ein besonderes Geschenk

Dankbar waren die Kölschen Kippa Köpp auch der jüdischen Gemeinde, dafür dass sie hier feiern dürfen. Und dafür gab es ein ganz besonderes Geschenk – das Foto von Thilo Schmülgen, das dieser bei der ersten nichtöffentlichen Veranstaltung im letzten Jahres gemacht hatte und das zum Pressefoto NRW 2019 gekürt worden war. Bewegend dann die Worte Felix Schotland´s vom Vorstand der Synagogen-Gemeinde Köln, der daran erinnert, dass Juden seit 1.700 Jahren zur Stadt gehören. „Mir all sin Kölle!“

Danach war aber erst mal Zeit für Falafel und Kölsch, das Büffet war aufgebaut und die Jecken stärkten sich. Bunt setzte sich das Programm fort mit der launigen Rede von Willibert Pauwels, Krätzchen von Philip Oebel und Kabarettistischem von Martin Zingsheim.

Dazwischen immer Zeit zum Reden. Karnevalistischer Frühschoppen eben. Wären da nicht der ungewöhnliche Ort, die Sicherheitsschleusen, die Passkontrolle und das dreifache Alaaf auf die Sicherheitsleute. 

 

Alle Fotos © BKB Verlag