Milieu-Sitzung: Kein Platz für Langeweile (Brigitte)

Eine Sitzung mitten im Veedel, mit einem Superprogramm, einem guten Moderator, mit äußerst erschwinglichen Preisen und ganz viel guter Stimmung – das ist echter Fastelovend. Erlebt haben wir das am Rande von Köln auf der Milieu-Sitzung der Flittarder KG.

 

Was ist die Miljöh-Sitzung?

Kurze Erklärung für die Imis unter den Lesern: Eine Milieu- oder Miljöh-Sitzung ist eine Kostümsitzung mit familiärer Atmosphäre und erschwinglichen Preisen für jedermann. Und Flittard, das ehemalige Fischerdorf kurz vor Leverkusen, sollte eigentlich jeder Jeck kennen, spätestens seit von dort aus das Dreigestirn aus der Flittarder KG 2015 mit Prinz Holger I (Kirsch), Bauer Michael (Müller) und Jungfrau Alexandra (Sascha Prinz) kam.

„Jöözenich“

Holger Kirsch ist es denn auch, der mit viel Freude die Milieu-Sitzung moderiert. Der ehemalige Prinz ist inzwischen Vizepräsident der Gesellschaft und mit viel Herzblut hier engagiert. Und wie es sich für eine echte Familiengesellschaft gehört, tanzen alle seine drei Töchter im Tanzcorps „Echte Fründe“ der KG.

Die Kinder- und Jugendtanzgruppe zieht denn auch als erste in die Schützenhalle, die mitten im Veedel liegt und gerne als „Jöözenich vun Flittard“ bezeichnet wird. Sie bildet gemeinsam mit dem Elferrat, der an Stehtischen mal auf, mal neben der Bühne steht, das Bühnenbild für die erste Nummer des Programms: Martin Schops.

Doch vorher singen alle noch traditionell zum Spiel der (ihr erinnert euch, der Prinz mit der) Mundharmonika von Holger Kirsch „Heimweh noch Kölle. 

Mittlerweile ist an den langen Tischreihen kein Stuhl war mehr frei, dicht gedrängt stehen nun die bunt kostümierten Jeckinnen und Jecken und singen lauthals mit. Danach heißt Holger Kirsch alle willkommen im Wellblechpalast von Flittard zur legendären Milieu-Sitzung.

Legendär, weil sie als Marktsitzung begann, mit einem Elferrat aus Marktfrauen und dem Präsidenten als Knoblauchgriet mit einer Lauchstange als Narrenzepter und einer Präsidentenkette aus Knoblauchzehen. Wegen ihres Bühnenbilds und des guten Programms wurde die Milieu-Sitzung schnell über die Grenzen Flittards hinaus bekannt und ist bis heute immer ganz schnell ausverkauft.

Und für noch etwas ist die Milieu-Sitzung bekannt: Die rund 400 Jeckinnen und Jecken hören zu, wenn ein Redner oder eine Rednerin auf der Bühne steht, und sie singen, klatschen und tanzen mit, wenn eine Band dort ist. Martin Schops kann das live erleben, erst am Ende seines Vortrags gibt es Standing Ovation und laute Zugabe-Rufe.

Mit „Randale und Hurra“ eröffnet die Kinder- und Jugendtanzgruppe „Echte Fründe“ ihre Tanzdarbietungen und der Titel ist Programm. Dass auf dieser kleinen Bühne so viele Würfe und Hebungen möglich sind, ist beeindruckend. Das Heimspiel gelingt super, der Beifall will nicht aufhören und natürlich muss auch hier eine Zugabe her. Holger Kirsch nutzt die Gelegenheit, begrüßt nicht nur seine Töchter, sondern ermuntert auch die Jungs, sich statt beim Fußball doch lieber im Tanzkorps zu engagieren. 

Absoluter Newcomer

Ein Heimspiel ist es auch für die nächste Nummer: Zesamm’ – einst die Flittarder Dorfband und mittlerweile ein Newcomer der kölschen Musikszene, der kölsche Mundart mit lebensbejahendem Funk Pop verbindet. Entdeckt von Holger Kirsch auf dem Ordensabend im November 2021, wurden sie vom Literarischen Komitee des Festkomitees, der Akademie zur Förderung von Künstlern und Bands, aufgenommen, gleich im ersten Jahr ausgezeichnet und durften als Belohnung schon im letzten Rosenmontagszug mitfahren. Wow! Was sie drauf haben, zeigt sich im Saal. Niemanden hält es mehr auf den Plätzen, die Klappstühle werden zusammengeklappt, es wird getanzt, gesungen und viele sind textsicher, egal ob „C’est la vie, Marie“ oder der Sessionshit „Bella Colonia“. Mittlerweile haben die Temperaturen in der Schützenhalle Saunacharakter angenommen, aber das macht nichts. 

Die rund 400 Jeckinnen und Jecke tun das, um das Holger Kirsch sie eingangs gebeten hat: Gemeinsam feiern, gemeinsam die Nöte und Sorgen des Alltags vergessen. Dafür ist der Karneval ja da, eine kleine Auszeit vom Weltgeschehen.

Der Wechsel zwischen Entspannung und Ekstase, die gute Mischung macht das Programm der Miljeu-Sitzung aus. Während Volker Weininger als Sitzungspräsident und das Schnäuzerballett der KG Uhu „nur“ die Lachmuskeln trainieren, hält es das Publikum bei Cat Ballou und der Micky Brühl Band nicht mehr auf den Stühlen. 

Und auch nach der Pause gibt es kaum eine Verschnaufpause. Ob die Brassband Knallblech, die Großen des Tanzcorps „Echte Fründe“ oder die Original Eschweiler, am Ende ist noch lange nicht Schluss und die Party in der Schützenhalle geht weiter. 

Karneval im Veedel

Wieder eine tolle Veranstaltung der Flittarder KG, die in dieser Session 90 Jahre alt wird und mit neuen Reiner Knillman einen neuen, gerade frisch vereidigten Präsidenten hat. Fazit: Es muss nicht immer der Gürzenich oder der Sartory sein, auch die kleinen feinen Veranstaltungen im Veedel sind unbedingt einen Besuch wert!

Bildnachweis: Foto „Knallblech“ Flittarder KG, alle anderen Fotos ©BKB Verlag