Der 11.11. einmal anders: Die Goldene Muuz (Brigitte)

Mittags Rote Karte gegen Fremdenhass und Antisemitismus im Tanzbrunnen, nachmittags die Goldene Muuz, das ist schon ein ziemliches Kontrastprogramm zu den üblichen 11.11.-Feiern. Ihr wundert euch, Muuze kennt ihr nur als leckeres Gebäck, das es zwar traditionell an Karneval gibt, aber doch nicht golden? 

Es ist Nachmittag, die Altstadt voll mit feiernden Jecken, Gott sei Dank ist es nicht so chaotisch wie in Vorjahren. Im Rathaus gibt es eine ganz besondere Veranstaltung, zu der jedes Jahr auch alle interessierten Jecken eingeladen sind: Dat „Spill op dr Rothustrapp“ mit der Verleihung der Goldenen Muuz. Und Preisträger ist in diesem Jahr einer aus unserer AppsolutJeck-Team: Wilfried Wiltschek. (Wenn er auch nicht für seine Blogposts ausgezeichnet wird 🙂 

Diese Auszeichnung wird seit 1973 von Kölns ältester Karnevalistenvereinigung, den „Muuzemändelcher“, an Menschen verliehen, die sich um das Kölner Brauchtum, um Kölsche Lebensart oder um Kölner Kultur verdient gemacht haben. In der langen Liste der Geehrten sind so bekannte Namen wie Willi Schneider, Gerhard Jussenhoven, Reinold Louis, Jean Jülich, Gerd Rück und die Bläck Fööss. 

Jetzt also Wilfried Wiltschek, jemand, der nicht unbedingt im Rampenlicht, sondern lieber hinter der Bühne steht. „Das haben wir ganz bewusst gemacht“, erzählt Karl-Heinz Fricke, 1. Vorsitzender und Baas der Muuzemändelcher, „denn er ist ein Idealist wie die Tanzgruppen, die er behandelt. Wie diese das ganze Jahr über hart trainieren und das ohne Gage, so tut er alles dafür, dass seine Schutzbefohlenen auch nach Verletzungen und Unfällen weiterhin Spass an dr Freud haben und auftreten können.  

Der eigentliche Mann für alle Fälle

Und davon können die Tänzerinnen und Tänzer ein Lied singen. Wenn der Fuß umgeknickt, das Handgelenk verstaucht, oder ein Wirbel raus ist, kommt der Physiotherapeut. Der Heilhänder, wie er gerne genannt wird, tourt nämlich während der Session ehrenamtlich als Helfer in der Not durch die Auftrittssäle, behandelt die Verletzungen und rettet Tänzern und Tänzerinnen wie Künstlern den Abend und manchmal gar die Session. Der eigentliche und wirkliche Mann für alle Fälle, wie der Baas meint.

Dabei hatte Wilfried Wiltschek – als Imi aus Düren – früher mit Karneval nichts am Hut. Das änderte sich erst, als er Claudia Strauch kennenlernte, damals Tanzmariechen der Nippeser Bürgerwehr und heute seine Frau. Durch sie wurde er 1993 Tänzer bei den „Hellige Knäachte und Mägde“ (HKM) und später deren Tanzgruppenleiter. Damals begann auch seine Karriere als „Heilhänder“. Half er anfangs den Jungs und Mädels aus seiner Tanzgruppe, kamen bald am Abend auch andere Tänzer und Tänzerinnen auf ihn zu, schließlich die Roadies und Musiker und bald war seine Handynummer kein Geheimtipp mehr. Er war hinter den Bühnen Kölns für seine unkomplizierte Hilfe bekannt und das sprach sich schließlich bis zum damaligen Festkomitee-Präsidenten Markus Ritterbach rum. So arbeitet er heute offiziell als Ehrenamtler im Namen des Festkomitee Kölner Karneval und hat Zugang zu allen Sälen. Deswegen war es auch schade, dass keiner der Offiziellen zur Ehrung geblieben ist. Dabei waren viele vom Vorstand kurz vorher noch mit dem Alten und neuen Dreigestirn im Saal zu Besuch.

Die Goldene Muuz

Alle können sie nicht für ihn tanzen, heute tun das die Heinzelmänncher zo Kölle, die Winzerinnen und Winzer vun d´r Bottmüll und seine alte Tanzgruppe, die Hellige Knäachte und Mägde. Wilfried ist sichtlich gerührt. Weil die HKM ihr Feiern unterbrochen haben, weil sein Engagement so gewürdigt wird. 

Denn am Wochenende wie nach einem langen Arbeitstag ist er oft bis weit nach Mitternacht unterwegs. Diesen Service bietet er für alle kostenlos an. Für Anfahrt, Parkgebühren, Material, für seinen persönlichen Einsatz, seine qualifizierte Hilfe gibt es keine Rechnung. Bei 350 bis 400 Einsätzen pro Session kommt da ganz schön was zusammen und dafür erhält er von niemanden eine finanzielle Unterstützung. Dankbar sind ihm viele, Ehrungen gab es bislang kaum eine. Vor zwei Jahren haben die Kleinen Erdmännchen als erste für ihn beim Festkomitee den Verdienstorden in Silber beantragt! Dank der Initiative der Greesberger ist er demnächst nach Berlin zum privaten Gartenfest des Bundespräsidenten eingeladen. Und heute wird er in Würdigung seiner Verdienste mit der Goldenen Muuz ausgezeichnet. Da darf man schon mal tief bewegt sein. 

  

Nur ein Rädchen im Getriebe

Was treibt einen Menschen zu einem solch außergewöhnlichen Engagement an? Wilfried möchte der Jugend unter die Arme greifen, sie in ihrem Hobby unterstützen und bei Verletzungen nicht alleine lassen, sonst sind neun Monate hartes Training umsonst gewesen. Wilfried möchte aber auch einen Karneval erhalten, wie ihn die jungen Tänzerinnen und Tänzer verkörpern, und nicht den alkoholgetränkten Partykarneval, wie man ihn auf den Straßen in der Altstadt, im Kwartier Latäng und anderswo erleben kann.

„Der große Zeiger des Karnevals bewegt sich nur, wenn in dem Uhrwerk sich auch die kleinen Rädchen drehen.“ Er sieht sich als eines dieser kleinen Rädchen an und nimmt den Preis stellvertretend für alle Ehrenamtler im Karneval an! Chapeau! Und natürlich herzlichen Glückwunsch! Das AppsolutJeck-Team ist stolz, dass Wilfried mit dabei ist!