Scharmöör – vom Proberaum auf die großen Bühnen des Karnevals (Sarah)

Heute treffe ich mich mit Tim. Wir kennen uns schon ein bisschen, denn ab und zu darf ich an seinem Schlagzeug proben. Tim ist Drummer der kölschen Band Scharmöör – wir treffen uns deshalb natürlich im neuen Proberaum der Band.

Tim Lachmayer, Schlagzeug

Als ich Tim kennenlernte, gab es Scharmöör noch nicht. Tim erzählte mir von der Idee mit seiner Kölschband in den Karneval einzusteigen. Es gab ein paar Songideen, talentierte Musiker, aber weder Name, Logo, Outfits oder gar Kontakte für potenzielle Auftritte.

Und auf einmal waren sie da: Scharmöör. Auf Straßenfesten, bei der Kajuja, im Gürzenich, in den Kneipen Kölns. Da frage ich mich natürlich: Wie?

Wir haben viele erfolgreiche Kölschbands in unserer Stadt, die alle mal klein angefangen haben. Aber von diesem „klein“ bekommen wir ja meistens nichts mit. Deshalb wollte ich von Tim wissen: Wie wurde aus der Idee jetzt eine Band? Und wie hat es diese Band plötzlich vom kleinen Proberaum auf die große Kajuja-Bühne geschafft?

Leon Heidrich, Gesang & Gitarre

Tim: Das erste Jahr war Vorbereitung. Was brauchen wir an Technik? Ich hatte immer ein Schlagzeug, aber was braucht man eigentlich für die Bühne?

Unser Sänger Leon hat dann unseren jetzigen Techniker Mark kennengelernt, der schon Erfahrung in Sachen Karneval hatte und wusste, was wir brauchen. Ansonsten sind wir viel rumgefahren, haben geschaut, wie die anderen das machen. Welche Technik benutzt die Band? Wie viele Techniker sind vor Ort? Wie lange darf das alles dauern? Für uns war es wichtig, uns selbst eine Meinung zu bilden, um schließlich unser finales Bandequipment zusammenzustellen.

Parallel haben wir weiter Songs geschrieben. Das Outfit hat auch viel Zeit in Anspruch genommen. Wir wollten eine gute Mischung zwischen schick und trotzdem sportlich finden.

Ich finde, das ist gelungen. Ich erinnere mich gut an die Zeit, in der Scharmöör mit der Namensfindung beschäftigt war. Es war interessant, auch diesen Prozess mitzuerleben.

Michael Peters, Gitarre & Gesang

Im Juni 2019 war es schließlich soweit: Scharmöör ist da. Mit Crew, Technik, Outfits, Name und mit jeder Menge Bock! Aber wo kommen jetzt die Auftritte her?

Wir haben alle angesprochen, die wir kannten oder von denen wir dachten, dass sie uns irgendwie helfen können. Der Kontakt zu unserer jetzigen Agentur ist durch den Vater von meinem Friseur entstanden. Er meinte, ich solle mal auf ein Kölsch vorbeikommen, und letztendlich bin ich mit einer Reihe von Telefonnummern verschiedener Literaten und Veranstalter nach Hause gegangen. Dann haben wir einfach frech angefragt und daraus sind viele tolle Kontakte und auch Auftritte entstanden.

Ich muss genau wie Tim, grinsen, als er mir von der spontanen Akustik-Kneipentour durch die Südstadt erzählt. Einfach losziehen, Kneipenwirte nach Auftritten fragen, offen sein, spontan Kontakte knüpfen. Das ist so richtig schön kölsch.

David Janßen, Bass & Gesang

Abends wurde ein Auftritt von uns abgesagt. Also bin ich los in die Südstadt und habe in allen möglichen Kneipen gefragt, ob wir heute Abend ein bisschen live Musik machen dürfen. Die Reaktionen waren fast durchweg positiv und so hatten wir an dem Abend dann doch noch unseren Auftritt. Sogar mehr als einen. Wir waren im Chlodwigeck, im Johann Schäfer, im Trierer Eck und in der Brasserie aller Kolör. Aus den Auftritten an diesem Abend entstand dann letztendlich der Kontakt zu einer Veranstalterin, die uns schließlich für den Gürzenich gebucht hat.

Und dann kam da noch die Kajuja …

Oh ja! Das war echt eine wilde Woche, Donnerstags haben wir zum ersten Mal im Gürzenich gespielt und Freitags dann bei der Kajuja im Tanzbrunnen. Kurz darauf dann der zweite Platz beim Finale von „Euer Song für Köln“ und der erste Platz beim Loss mer singe Live-Casting. Das war echt unglaublich, wir hatten zum ersten Mal das Gefühl, dass sich die ganze Arbeit auszahlt und wir uns das jetzt verdient haben.

Tim erzählt mir von dem Gefühl hinter der Bühne. Wie es ist, mit den anderen Bands in einen Wettbewerb zu gehen und plötzlich Konkurrenten zu sein.

Ehrlich gesagt hatte ich ab und zu befürchtet, dass man als kölsche Band im Karneval ganz schön hart sein muss, um sich in diesem Ellenbogengeschäft durchzusetzen. Aber glücklicherweise war das bisher gar nicht so. Wir wurden super von den anderen Bands aufgenommen und haben ehrliches Feedback auf Augenhöhe bekommen. So geht es also auch, das hat mich echt gefreut. Wir alle teilen eine Leidenschaft und wollen der Herausforderung, diese in die Menge zu tragen, irgendwie gewachsen sein.

Peter Paffen. Akkordeon & Keyboard

Was ist euch wichtig bei eurer Musik und was unterscheidet euch vielleicht von anderen Bands?

Wir wollen den Bezug zu klassischen musikalischen Elementen im Karneval nicht verlieren, wir sind zwar jung und wollen natürlich eine möglichst breite Zielgruppe ansprechen, aber legen viel Wert darauf, dass es nicht zu modern und elektronisch wird. Wir möchten typisch kölsche Sounds, deswegen sind uns Instrumente wie die Ukulele oder das Akkordeon wichtig.

Und wie geht’s jetzt weiter?

Das Bandhandy klingelt immer öfter, im Februar spielen wir auf der Loss-mer-singe-Sitzung im Tanzbrunnen. Das Schöne sind die vielen verschiedenen Auftritte, mal auf einer Sitzung, mal auf einer Karnevalsparty und bald sogar in einer Grundschule. Die Kinder haben unsere Texte gelernt und wir besuchen die Kleinen dann und singen zusammen. Darauf freue ich mich riesig!

Am Ostersonntag spielen wir dann unser Wohnzimmerkonzert in der Brasserie aller Kolör – in Konzertlänge. Dafür sind wir gerade viel am Schreiben, denn ein paar Songs brauchen wir noch.

Ich hoffe, dass das Wetter bald wieder besser wird, denn bei Sonnenschein an den Poller Wiesen schreibt es sich echt am besten.

Für die Jungs von Scharmöör geht in dieser Session also ein Traum in Erfüllung. Weil sie dafür gekämpft haben, mutig und sich nicht zu schade waren, nachzufragen. Beeindruckend.

Alle Fotos (außer Loss mer singe) © Niki Siegenbruck