Der 31. Ohrenorden (Ulla)

Die Bürgergesellschaft Köln von 1863 e. V. zeichnete am 12. Oktober André Schulze Isfort – Admiral und Ehrenpräsident der StattGarde Colonia Ahoj e. V. – mit dem Ohrenorden aus. Jedes Jahr verleiht die Bürgergesellschaft diese Auszeichnung an jemanden, der sprichwörtlich immer ein offenes Ohr für die Sorgen und Nöte seiner Mitmenschen hat und diese Einsichten lebendig in seine Arbeit einfließen lässt, wie Michael Melles, 1. Vorsitzender der Bürgergesellschaft, ausführte.

Er führte mit großer Leichtigkeit durch die Ordensverleihung mit einem feinen musikalischen Programm. Auftritte von Ken Reise und Michael Kuhl, der Band Cologne Unplugged und dem Shanty-Chor der StattGarde Colonia Ahoj rundeten den Abend ab.

André Schulze Isfort erhielt diese Ehrung für sein besonderes gesellschaftliches Engagement.

Wie bereits die erste Damengesellschaft, die Colombina Colonia von 1999 e. V., die festgefahrenen Strukturen im männlich dominierten Kölner Karneval durch die weibliche Perspektive aufbrach, öffnete auch die StattGarde Colonia Ahoj mit ihrer Gründung im Jahr 2003 die Türen für die queere Community. André Schulze Isfort, Gründungsmitglied des Vereins, hat während seiner fünfzehnjährigen Amtszeit als Präsident der StattGarde wesentlich dazu beigetragen, dass diese heute hohe Akzeptanz und großes Ansehen genießt. Ein kurzer Videoeinspieler präsentierte Szenen seiner herausragenden und mitreißenden Bühnenpräsenz als Präsident der StattGarde.

Die Laudatio wurde von Nelson Müller gehalten, dem vorherigen Preisträger des Ohrenordens. Er betonte vor allem den ständigen Einsatz von André Schulze Isfort für Toleranz und Gleichberechtigung in der Gesellschaft. Maritim ausgedrückt: „für André gibt es keine 2. Klasse, sondern nur das Oberdeck!“ Nelson Müller präsentierte dem Geehrten und den Gästen eine besondere Form der Laudatio. Gemeinsam mit drei Musikern gab er eine Kostprobe seiner großartigen musikalischen Fähigkeiten und bewies damit, dass er nicht nur als Koch einen Stern verdient hat.

Zur Überreichung des Ordens an André Schulze Isfort forderte Michael Melles die anwesenden Preisträger der Vorjahre auf, die Bühne zu betreten. Unter ihnen waren Carmen Thomas (1995), Carola Blum (2023), Frank Schätzing (2022) und Eko Fresh (2022).

Der Orden stellt den Abdruck des Ohrs von Hans Dietrich Genscher dar, der im Jahr 1991 als erster mit dem Ohrenorden ausgezeichnet wurde. Der Entwurf stammt vom Leverkusener Künstler Kurt Arentz, der im Jahr 2014 verstarb. Auch in diesem Jahr stellte seine Witwe, Therese Arentz, das Exemplar für die Verleihung großzügig zur Verfügung.

 

André Schulze Isfort dankte in seiner Rede besonders seiner Familie für deren Unterstützung und Rückhalt, insbesondere in der Phase, als ihm klar wurde, dass er „keine Familie im klassischen Sinn gründen würde“. Ebenso bedankte er sich bei seinem Ehemann Stefan Blatzheim, mit dem er nun 20 Jahre zusammenlebt.

Michael Melles wies darauf hin, dass die diesjährige Spende der Bürgergesellschaft Köln von 1863 auf Wunsch des Preisträgers André Schulze Isfort aus dem Reinerlös des Abends dem Verein Looks e. V. zugutekommt. Der Verein unterstützt junge Männer, die in der mann-männlichen und transidenten Prostitution tätig sind – ein Thema, das nach wie vor stark tabuisiert wird und gesellschaftlich an den Rand gedrängt ist. Eindrucksvoll schilderte Sabine Reinke, Leiterin von Looks e. V., die Arbeit mit den jungen Männern.

In seiner Ansprache betonte Festkomitee-Präsident Christoph Kuckelkorn, dass die StattGarde, die mittlerweile über 700 Mitglieder zählt, beeindruckend demonstriert habe, wie Tradition bewahrt und zugleich der Übergang zur Moderne erfolgreich gestaltet werden kann. Mit Herz und Seele lebt die StattGarde die karnevalistischen Werte – Gleichheit, Gemeinschaft, Vielfalt und gegenseitigen Respekt – und bringt so frischen Wind und bunte Farben in den Kölner Karneval. Er ging auch auf das Dreigestirn der vergangenen Session ein, das von der StattGarde gestellt wurde. Dieses Dreigestirn hatte mit seiner offenen, auf alle Menschen zugehenden und toleranten Art nicht nur die Herzen der Kölner Narren erobert. Die während seiner Regentschaft zusammengekommenen Gelder gingen zur Hälfte als Spende an den Leeve un Leeve losse e. V. – Freundeskreis Marie-Luise Nikuta, den André Schulze Isfort zusammen mit der Tochter der Künstlerin, Andrea Nikuta-Meerloo, gegründet hatte. Der Verein fördert junge kölsche Künstler, trägt zum Erhalt der kölschen Sprache bei und unterstützt soziale Projekte im Sinne der 2020 verstorbenen Künstlerin. Nach mehrjährigem Ringen konnte am Freitag der Verein den „Marie-Luise-Nikuta-Platz“ bei den Wallarkaden einweihen.

Marie-Luise Nikuta war die erste Künstlerin, die bei der StattGarde auftrat, und ist seitdem deren Ehrenmitglied. Trotz zahlreicher Anfeindungen trat sie mutig für Respekt und Toleranz gegenüber Menschen aller Art ein.

Michael Melles wies in seiner Ansprache auf ein weiteres Engagement des diesjährigen Preisträgers hin. Mit dem von ihm initiierten Hans-David-Tobar-Preis wird an den jüdischen Büttenredner Hans David Tobar erinnert. Unmittelbar nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde dem Künstler ein öffentliches Auftrittsverbot auferlegt. Im Jahr 1939 emigrierte er mit seiner Familie in die Vereinigten Staaten von Amerika, wo er 1956 verstarb. Der Preis wird seit 2014 in unregelmäßigen Abständen an Personen verliehen, „die sich selbstlos für andere Menschen einsetzen oder bei gesellschaftskritischen Themen mutig aufstehen und für Veränderung kämpfen“. Der erste Preisträger war Markus Ritterbach, ehemaliger Präsident des Festkomitees. Er engagierte sich maßgeblich für Toleranz und Integration im Kölner Karneval sowie für die öffentliche Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit innerhalb des Fastleers. Für André Schulze Isfort war es eine große Überraschung, als eine Videobotschaft von Vicky Tobar, der Enkelin von Hans-David Tobar, aus den USA gezeigt wurde.

Eine weitere Initiative der StattGardisten ist die Stolperstein-Putzaktion, die dazu dient, das Gedenken an die Kölner Juden zu bewahren und einem Vergessen entgegenzuwirken. Im Griechenmarktviertel und im Kwartier Latäng werden die rund 330 Stolpersteine auf Hochglanz poliert, sodass sie jedem Vorbeigehenden sofort ins Auge fallen.

Zum Abschluss der Veranstaltung traten die Band Cologne Unplugged sowie der Shanty-Chor der StattGarde Colonia Ahoj gemeinsam auf und verabschiedeten das Publikum musikalisch.

 

Fotos: ©Vera Drewke