Tierisch jecke Nacht (Ulla)

Jedes Jahr, kurz vor dem Elften im Elften, lädt „casa blanca“ zur Präsentation der neuen Karnevalskostüme ein, die in ihrem Schneideratelier gefertigt wurden. In diesem Jahr präsentierte sie ihre Jubiläums-Kostümkollektion.

Bevor ich mich auf den Weg zu der Veranstaltung machte, recherchierte ich zunächst. Was verbirgt sich hinter „casa blanca“? Den Begriff kennt man als Namen der marokkanischen Stadt oder als Titel des Films mit Ingrid Bergmann und Humphrey Bogart. Dass „casa blanca“ in Köln existiert und mit Kostümnähen zu tun hat, war mir bisher unbekannt.

„casa blanca“ wurde 1999 gegründet und gehört zum „Sozialdienst Katholischer Frauen“ (SkF) in Köln. „casa blanca“ möchte Frauen, die mit besonderen sozialen Schwierigkeiten kämpfen, eine Chance auf Arbeit geben. Im Mittelpunkt steht dabei vor allem die Stärkung ihrer Kompetenzen sowie die Vermittlung einer täglichen Routine, klarer Strukturen und verlässlichen Halts. Eine formale Ausbildung steht nicht im Vordergrund. Vielmehr liegt der Fokus auf Hilfe zur Selbsthilfe und der Förderung der eigenen Selbstständigkeit. Neben der Arbeit in der Wäscherei und Schneiderei bietet „casa blanca“ auch Unterstützung bei Behördengängen und ähnlichen Anliegen an.

Derzeit sind bei „casa blanca“ 30 Frauen tätig. Neben einer Wäscherei, die vor allem Aufträge von kleineren Betrieben, Restaurants und Privathaushalten übernimmt, gibt es auch eine Kostümschneiderei. In dieser werden die Frauen fachlich von einer Gewand- und Kostümmeisterin angeleitet, die eng mit den Mitarbeiterinnen und Ehrenamtlichen von SkF zusammenarbeitet.

Der Höhepunkt des Jahres ist die Präsentation der Kostüme. Un diesem Jahr fand die Veranstaltung in St. Michael am Brüsseler Platz statt. Für den Abend wurde das Langhaus der Kirche mit einem schwarzen Vorhang vom Altarraum abgetrennt und davor eine Bühne aufgebaut.

Auf der Einladung stand „Kostümevent“. Dabei denkt man sofort an eine Modenschau. Doch weit gefehlt: Wie sich herausstellte, wurde ein kleines Theaterstück in mehreren Akten aufgeführt, in dem die Kostüme präsentiert wurden.

In der Geschichte kommen zwei junge Mädchen aus Geldnot auf die Idee, bei „casa blanca“ einzusteigen und sich ein Karnevalskostüm „auszuleihen“. Zwischen all den wunderschönen Modellen müssen sie sich für eines entscheiden – eine echte Qual der Wahl!

Anlässlich des 125-jährigen Jubiläums des SkF, dem „casa blanca“ angehört, wurden Kostüme aus den Modeepochen von 1900 bis 2025 präsentiert. Die Bandbreite reichte vom bodenlangen Gewand um 1900 über das kesse Charleston-Kleid der 1920er-Jahre und den Lappenclown von 1940 bis zum eleganten Ensemble à la Audrey Hepburn der 1950er-Jahre. Ebenso zu sehen war das Jackett mit extrem breiten Schulterpolstern der 1980er-Jahre und das rasante, ganz in Gold gehaltene Millennium-Modell sowie das Outfit für den Rosenmontagszug der vergangenen Session. So wurden die verschiedenen Modeepochen in beeindruckenden Kreationen lebendig.

In der Einladung wurde eine „tierisch jecke Nacht“ versprochen, und dieses Versprechen wurde selbstverständlich gehalten. In den folgenden Szenen des Stücks präsentierten die Frauen von „casa blanca“ Tierkostüme in fantastischen Variationen. Besonders schön war, dass alle Kostüme wunderbar tragbar sind und nicht nur als reine „Steh-Verkleidung“ dienen. Stilistisch reichte die Palette von elegant – etwa der silberne und der schwarze Schwan – über angenehm warm für draußen, wie traumhaft schillernde Schmetterlinge, bis hin zu kurios und lustig wie Giraffen, Erdmännchen und Mäuse. Natürlich waren auch Kostüme im traditionellen „rud un wieß“ für jede Gelegenheit im Fasteleer vertreten.

Zum großen Finale traten alle Mitarbeiterinnen von „casa blanca“ sowie die Frauen und Ehrenamtlichen in ihren beeindruckenden Kostümen gemeinsam auf und präsentierten dem Publikum erneut die gesamte Vielfalt. Man konnte ihren berechtigten Stolz auf die wunderbaren Kreationen deutlich spüren. Als kleines Dankeschön erhielt jeder eine Rose.

Casa Blanca Manschette Jecke Kostüme Karneval Nippes

Anschließend schob jeder Gast seinen Stuhl aus dem Langhaus beiseite, und im Nu verwandelte sich der Raum in einen lebendigen Verkaufsraum. Endlich war es so weit: Die Kostüme durften inspiziert, anprobiert und gekauft werden. Alle Stücke sind Unikate, in feinster Handarbeit gefertigt und von sehr hoher Qualität. Besonders schön ist, dass man nicht nur ein wunderschönes und hochwertiges Karnevalskostüm erhält, sondern zugleich sozial benachteiligte Frauen unterstützt.

Wer gerne ein Kostüm nach Maß anfertigen lassen möchte oder sich für die Dekorationsschneiderei von „casa blanca“ interessiert, kann dies nach Voranmeldung tun bei:

Sozialdienst katholischer Frauen e. V. Köln
„casa blanca“ Dienstleistungen,
Am Springborn 1, Haus 19–21,
Köln-Mülheim
Tel. 0221/773007
www. caritas.erzbistum-koeln.de/koeln-kf/arbeit/beschaeftigung_und_qualifizierung

ES LOHNT SICH!

Fotos: @Anne Rossenbach, SkF