Vom Imi zum Jeck (Melanie Gorissen)

Stell dir mal vor, du kommst aus Rosenheim in Bayern Karnevalssonntag am Kölner Bahnhof an! Dann gibt es zwei Möglichkeiten: Flucht oder aber: Du stürzt dich ins Getümmel. Melanie hat sich für die zweite Möglichkeit entschieden, ist inzwischen nicht nur total jeck, sondern auch Schriftführerin einer KG. Sie erzählt euch, wie es dazu gekommen ist. Und das zeigt: Man muss nicht in Köln geboren sein, um jeck zu werden! 

Der erste Besuch

Meinen ersten Karneval in Köln habe ich 1999 eigentlich mehr als Zugabe erlebt. Als Fan der Starbulls Rosenheim haben wir unsere Mannschaft zum Auswärtsspiel am Karnevalsdienstag in die damals neue Kölnarena begleitet. Wenn man schon mal Karneval in Köln ist, wollten wir natürlich auch feiern. Den ersten Kulturschock hatte ich bereits bei unserer Ankunft am Sonntag: So viele verkleidete Menschen auf einem Haufen hatte ich noch nie gesehen. Natürlich wollten wir uns den Rosenmontagszug nicht entgehen lassen und standen gespannt am Straßenrand. In meinen Vorstellungen habe ich mit einer Länge von 2-3 Stunden gerechnet. In der alten Heimat geht ein Faschingszug maximal eine Stunde und geworfen wird maximal mit Bonbons.

Von Rosenheim nach Kölle

Dann ging es los und unsere mitgebrachte kleine Tüte war nach den Blauen Funken schon voll. Neben den ganzen „Kamelle“ und „Strüssjer“ wurde ich von einem der Funken noch mit einem „Bützje“ überrascht. An dem Tag durfte ich auch die kölsche Gastfreundschaft erleben. Neben uns stand eine gut ausgestattete Gruppe mit Bollerwagen, die uns dann kurzerhand mit fester und flüssiger Nahrung und mit weiteren Kamellebüggel versorgt haben . Was soll ich sagen, ich war restlos begeistert und der Traum – Ich möchte einmal im Rosenmontagszug mitgehen – war geboren. Im folgenden Jahr hatte ich dann das Glück, in einem Kölner die Liebe meines Lebens zu finden und so war ich auch in der nächsten Session wieder in Köln dabei. Neben dem Straßenkarneval durfte ich dann meine erste Sitzung und einen Besuch in der Lachenden Kölnarena erleben.

Neue Heimat

Seit dem Sommer 2000 wohne ich nun in Köln und Karneval ist seither natürlich jedes Jahr ein Pflichttermin. Über die Grundschule meines Sohnes durfte ich das erste Mal im Deutzer Dienstagszug mitgehen, was schon ein Erlebnis war. In meinem Kopf spukte aber immer noch der Traum vom Rosenmontagszug. Über eine Freundin entstand schließlich der Kontakt zur Schäl Sick. Die Rocking Pappnas und auch die Mädchensitzung gehörten fortan zu den Pflichtterminen in der Session. Als das Gespräch irgendwann auf meinen Rosenmontagstraum kam, hieß es sofort: Kein Problem, du darfst bei uns mitgehen. Das war 2016 und wegen des Sturmtiefs stand der Zug bis zuletzt auf der Kippe, aber schlussendlich wurde mein Traum erfüllt und es war der Wahnsinn.

Der Kontakt zur Schäl Sick intensivierte sich immer mehr und 2019 bin ich dann schlussendlich in die Gesellschaft aufgenommen worden. 2020 wurde mir ein weiterer Wunsch erfüllt, ich war bei der Großen Samstagssitzung im Elferrat. Da wusste ich ehrlich gesagt nicht, wo ich zuerst hingucken sollte. Es war spannend, die Interaktionen der Tanzgruppen und Bands auf der Bühne aus der Nähe zu beobachten, auch die Reaktionen des Publikums zu sehen, war ein Spaß. Das Highlight war allerdings zu sehen, in welch einer Geschwindigkeit und mit welch einer Freude die Gebärdendolmetscher die Sitzung für Menschen mit Gehörbeeinträchtigung erlebbar machten.

Köln ist ein Gefühl

Nach der Session kam dann der Tiefschlag für uns alle, Corona hat uns eingeholt. Nichts war mehr wie vorher, Stammtische und gemeinsame Aktivitäten waren unmöglich oder nur sehr eingeschränkt möglich. Das kleine bisschen, was wir 2022 wieder hätten machen dürfen, hat uns dann der russische Despot in seinem Wahnsinn zerstört. Aber auch da hat Köln gezeigt, was es ausmacht. Wenn ich an die Menschenmassen bei der Demo am Rosenmontag denke, bekomme ich jetzt noch Gänsehaut.

Ein neues Kapitel: Schriftführerin

Im Laufe des Jahres zeichnete sich dann zu unser aller Freude ab, dass die nächste Session wieder weitgehend normal gefeiert werden darf. Bevor wir allerdings feiern dürfen, stand noch eine Vorstandswahl an und es war klar, dass sich einige Vorstandsmitglieder nach langjährigen Tätigkeiten im Amt zur Ruhe setzen wollten. Unserem neuen 1. Vorsitzende Andreas Schnepf ist es mit viel Einsatz gelungen, ein junges Team um sich zu scharen, um der Schäl Sick nach dem Coronaschlaf wieder neues Leben einzuhauchen. Mich konnte er überzeugen, mich zur Schriftführerin wählen zu lassen und damit begann am 19.12.22 ein neues Kapitel in meiner Karnevalsgeschichte. Ich bin gespannt, was es mit sich bringt .

 

Fotos: Deutzer KG Schäl Sick