Quo vadis Kölner Karneval? (Der Wilfried)

Wohin des Weges Karneval? Einige Randbemerkungen zum Weg des Kölner Karnevals vor und nach dieser Krise. Am Aschermittwoch war die Karnevalswelt noch in Ordnung. Im Nachhinein, aber nur im Nachhinein, hätte man drüber nachdenken müssen den Rosenmontagszug abzusagen. Aber nachher ist man immer schlauer.

In der Session 2019/2020 driftete die Karnevalsschere in puncto Veranstaltungen schon viel weiter auseinander. Auf der einen Seite die traditionellen Sitzungen mit mindestens einem Korps samt Funkemariechen und Blaskapelle, einer Tanzgruppe, zwei Rednern und der Rest Musik. Mein absoluter Favorit. Das Festkomitee vergibt für solche Formate jetzt ein Gütesiegel.

1823 Party der Rote Funken

Dann hat man die Halligalli Sitzungen, Musik ohne Ende, Rambazamba von Anfang bis Ende. Obwohl Sitzungen hier fast schon zu viel gesagt ist, es müsste Stehung heißen. Wer sitzt, sieht nichts, so einfach ist das. Das nutzen auch keine Bildschirme an der Decke, die einem das Bühnenbild zeigen. Viele ältere Karnevalisten fühlen sich dadurch abgestoßen. Ab und zu wirft ein Literat dem Publikum noch einen Redner zum Fraß hin. Die tuen mir richtig leid. Ein Bernd Stelter kann umswitchen zum Beispiel. Dann singt er einfach sein Lied vom Kaninchen, Hölle Hölle Hölle oder – Ich hab 3 Haare auf der Brust usw. Alle anderen gehen fast unter.

Rednerfrühschoppen Kölsche Lotterbove Martin Shops

Ein Hammer sind die neuen Rednerfrühschoppen. Lachen ohne Ende, aber kultiviert mit im Preis eingeschlossenen Frühstück und Getränke. Diese Formate, ob nur Männer, nur Frauen oder gemischt, finden rasanten Zulauf und man bekommt kaum Karten. Nostalgiesitzungen haben auch ungeahnten Zulauf. Wunderbar zum Zuhören, bekannte alte Künstler unplugged auf der Bühne, statt E-Gitarre tut´s hier auch eine akustische und statt Hammerkeyboard kommt die Quetsch. Ach wie schön. Aber das ist meine ureigene Meinung, andere Karnevalisten finden Halligalli besser und füllen diese Säle oder Zelte. Zusammenfassend gesagt wird die Vielfalt der Angebote größer und die großen Vereine stellen sich langsam auf die Bedürfnisse der Karnevalisten ein.

Wicky Junggeburth,Fauth Dance Company, Herrensitzung, Kölner Karneval, Karneval 2017, Session 2017

Die jetzige Situation ist sehr unbefriedigend für den Kölner Karneval. Keiner weiß was. Was passiert mit den Sitzungen, muss ich jetzt schon Karten bestellen, gibt es überhaupt Sitzungen? Alles in der Schwebe. Die gesundheitliche Entwicklung wird es bringen. Gibt es Medikamente, wann kommt der Impfstoff ? Bleibt es so wie jetzt, fällt der Karneval aus, aber in dieser schnelllebigen Zeit kann sich der Trendzeiger von Monat zu Monat zum Positiven drehen. Ich denke, auch wenn er stattfinden sollte, wird er nicht mehr der ausgelassene Karneval von dieser Session werden. Eher stiller. Aber feiern sollte man nach einer Freigabe trotzdem, nur distanzierter und vorsichtiger.

Tanzgruppenmitglieder sind in einer Schockstarre. Kein Training, kein soziales Umfeld. Mein Gott Leute, sollte der Karneval stattfinden, tanzt man einfach den Tanz aus der Session 2019/2020. Das ist den Menschen im Publikum so was von egal. Dankbar werden sie auf jeden Fall bis in jede Faser ihres Herzens sein.

Musikgruppen, Redner, die keine finanzielle Decke haben, sind arm dran. Kosten zum Beispiel für Studios und Leasing laufen immer weiter. Die ärmsten Hunde sind die Roadies, die Kabelschlepper. Meistens freiberuflich tätig haben diese keinen finanziellen Rettungsschirm. Ich werde, wenn der Karneval nicht stattfindet, meine gebuchten Eintrittskarten trotz allem bezahlen und NICHT das Geld zurück verlangen. Nehme aber die Vereine in die Pflicht von diesem übrig gebliebenem Geld die gebuchten Redner und Bands ein wenig zu entschädigen.

Herzensbilder Joachim Rieger Marita Köllner

Eine Marita Köllner, was für in Wahnsinnsweib, stellt sich mitten in dieser Zeit mit einem Keyboarder auf die Straße und singt für ihre Nachbarn ihre Lieder. Solche Aktionen sind für mich einfach toll. Ein Nelles und ein Heuser machen Konzerte für die daheim Sitzenden. Toll!

Einsingen mit Mathias Nelles

Es werden Leader in dieser Zeit gebraucht, keine äusserst Schwarzmaler, die einen runterziehen. Behalten wir den Karneval auch in dieser Zeit jetzt bunt und fröhlich. Das muss Köln sein! Auch in der jetzigen Situation! Nein, gerade jetzt ist das die Devise.

Der Wilfried

 

Fotos: @BKB Verlag außer Aufmacher ©Joachim Badura, Party ©Vera Drewke, Marita Köllner @Joachim Rieger