Eine schattige Session (Nicci)

Dieses Jahr hat man von mir nicht sonderlich viel gelesen, da es mir schwer fiel, in einer weiteren Corona-Session Energie für frische Beiträge zu finden. Und dann, zu Beginn der wilden Woche, bombardiert Putin die Ukraine. Was für eine Zeit … Und trotzdem habe ich Bedarf, meine minimal karnevalistischen Erlebnisse zwischen Weiberfastnacht und Aschermittwoch kurz zusammenzufassen.

Wieverfastelovend

Ich hatte Urlaub und eine Einladung zu einer privaten Feier bei Nachbarn. Ich habe gerade meinen Corona-Selbsttest gemacht, als ich die Nachrichten zu den Angriffen auf die Ukraine bekam. Halb kostümiert und mit Schminke in der Hand stand ich vorm Spiegel und dachte mir: „Und jetzt?“ Ein Kloß machte sich in der Magengrube breit. Erschütterung, ein wenig Angst und moralische Appelle an meine Vernunft starteten einen Konflikt. Bin ich ein schlechter Mensch, wenn ich mich mit Kölsch und Musik ablenke? Sollte ich aus Solidarität das Kostüm ablegen?

Ich habe mich für die Feier entschieden. Und es war ein schöner Tag mit lustigen und großartigen Leuten. Der Beigeschmack der Geschehnisse hat uns allerdings nie ganz losgelassen und war stets präsent. Regelmäßig wurden die Newsticker gecheckt, die Fassungslosigkeit formuliert und Mitgefühl ausgesprochen. Weiberfastnacht 2022 war somit ein Tag mit einer emotionalen Achterbahn und einem Hoch und Runter zwischen Alaaf und Verzweiflung.

Rosenmontag

Sehr schnell hat das Festkomitee reagiert und den (meiner Meinung nach eh schon fragwürdig geplanten) Rosenmontagszug abgesagt, um ein Zeichen der Solidarität zu setzen. Wie zu Zeiten des zweiten Golfkrieges sollten keine Kamelle geworfen werden und stattdessen eine Demonstration stattfinden. Eine Entscheidung, die ich absolut richtig finde. Ich durfte mich den Freunden von Rocholomäus anschließen und als Gemeinschaft waren wir pünktlich um 10 Uhr am Chlodwigplatz. Es ist fast nicht in Worte zu fassen, wie großartig es war, was sich an diesem Tag in der Kölner Innenstadt zugetragen hat. 250 Tausend Menschen haben demonstriert und ein Zeichen der Solidarität gesetzt. Was für eine Zahl … Alle waren friedlich, motiviert und trugen eine Maske. Es ist ein gutes Gefühl, eine Gemeinschaft zu bilden, und im Nachgang habe ich gelernt, dass Demonstrieren etwas bewirken kann. 

Als ich am Folgetag zur Arbeit fuhr, hörte ich im Radio ein Interview mit einem ehemaligen Kölner, der mit seiner Familie in der Nähe von Kiew lebt und den die Bilder und Informationen zu diesem besonderen Rosenmontag erreicht haben. Er erzählte, dass es sehr gut tut, unsere Solidarität zu sehen, und es den Kriegsopfern ein Gefühl des Zusammenhalts gibt. Ich kann es leider nicht genau zitieren, aber er sagte in etwa: „Ein Gefühl nicht alleine zu sein und zu wissen, dass die Welt außerhalb des Krieges für uns da ist, gibt uns immerhin etwas Sicherheit.“

Danke Köln!

Das war die Session 21/22

Dat wor mein Fastelovend. Eine für mich schattige Session. Wenn man denkt, es kann nicht schlimmer kommen, passiert es doch. Und trotz all der Bitterkeit und Eingeschränktheit schlug das jecke Herz in der Stadt. Ein Puls, den man spüren konnte und der die Hoffnung nicht sterben lässt, dass bestimmt mal bessere Zeiten kommen werden. Ohne Sorgen, ohne Pandemie und hoffentlich mit Weltfrieden. Mir stonn zesamme…

Viele Grüße

Nicole Haumann