Die Hänneschensitzung – urkölsch und unübertrefflich! (Ulla)

Wenn eine Sitzung im Kölner Karneval als urkölsch bezeichnet werden darf, dann ist es die „Traditionelle Hänneschensitzung“ der „Löstije Knollendorfer“, der Gemeinschaft der Puppenspieler des Hänneschen Theaters. Die in den 1930er-Jahren gegründete Veranstaltung ist eine Institution. Karten dafür sind heiß begehrt und schwer zu bekommen. Werden diese doch eigentlich „vererbt“. Wie Sitzungspräsident Jacky von Guretzky-Cornitz so schön bei der Begrüßung des Publikums am Montag sagte: „Mer sin widder do un jeder Stohl hät och singe Fot widder erkannt“.

 

Jo, se sin widder do! Im vergangenen Jahr war zu befürchten, dass diese einzigartige Sitzung nicht mehr stattfinden würde. Jacky von Guretzky-Cornitz, der Puppenspieler der Figur des Hänneschen, geht nach 44 Jahren in den Ruhestand und dachte daran, nach mehr als 20 Jahren Sitzungsleitung und Organisation aufzugeben. Zudem kommt hinzu, dass die „Löstije Knollendorfer“ kein Verein sind. Daher werden alle Verträge allein dem Sitzungspräsidenten abgeschlossen, der damit persönlich haftbar ist. Jahrzehnte lang ging das gut, bis 2022 in der Pandemie alles abgesagt werden musste. Zwar gelang mithilfe von Freunden und anderen Gesellschaften die Rückabwicklung, aber niemand möchte so etwas ein zweites Mal erleben.

 

Umso größer war meine Vorfreude auf die diesjährige Hänneschensitzung, als es hieß, gehst du mit zu den „Löstije Knollendorfer“? Denn ich kenne jemanden, der jemanden kennt … Also auf ins Sartory. Minge Stohl erkannte och ming Fot widder und dann konnte die Sitzung beginnen.

Der Bühnenvorhang schloss sich und Udo Müller, ehemaliger Puppenspieler des Tünnes, trat davor und sang für Jacky Guretzky-Cornitz „Spill, Hänneschen spill“. In dem Moment konnte man schon ahnen, dass es heute etwas Besonderes geben würde. Und dann kündigte es sich mit lautem Tschingderassabum an. Es zogen die Funken ein. Aber nicht nur die roten, sondern sie kamen zusammen mit den blauen. Zum ersten Mal seit Ihrer Trennung 1870 zogen zu Ehren von Jacky Guretzky-Cornitz beide Corps in großer Abordnung in den Sartorysaal ein, um ihm für über 40 Jahre wunderbares Puppenspiel und 20 Jahre Sitzungsleitung zu danken.

Alle waren sie dabei: beide Spielmannszüge, die Tanzpaare, sämtliche Knubbel und Korps, Senatoren und natürlich die Präsidenten Heinz-Günther Hunold von den Roten und Björn Griesemann von den Blauen Funken. Allein der Einzug dauerte über 10 Minuten, der Auftritt dann eine Stunde. Vielleicht würde ein Nichtkölner sagen: „Oh weh!“. Aber uns Kölschen ging bei dem herrlichen Bild das Herz auf und wir hatten vill Spass an dem Wibbele in Rot und Blau und den großartigen Mariechentänzen.

Es folgte der wundervolle Auftritt von Ludwig Sebus. Mit 98 Jahren kann der Grandseigneur des Kölner Karnevals dafür nur Respekt und Bewunderung bei jedem hervorrufen. Ludwig Sebus sprach dann auch noch seinen Dank und seine Ehrerbietung den beiden Puppenspielern Jacky von Guretzky-Cornitz und Udo Müller für ihre langjährige Tätigkeit am Hänneschentheater aus.

Danach gaben sich die Redner und Krätzjensänger die Klinke in die Hand. Es traten auf „Dä Tuppes vom Land“ (Jörg Runge), Bernd Stelter, „Et Klimpermännchen“ (Thomas Küpper), Boris Müller in der Figur „De Doof Nuss“ des verstorbenen Hans Hachenberg und J. P. Weber. Teilweise wurde es vor Aufmerksamkeit ganz still im Saal, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören können. So sehr, dass J. P. Weber bei seinem Auftritt meinte: „Ich han ald Angs gehat, dä Saal wöre enjeschlofe.“. Die Beiträge waren richtig jeck und echt kölsch „naturbekloppt“. Wir mussten so herzhaft lachen, dass die Tränen kamen. Natürlich gab es auch viel Musik. Deutlich war zu merken, dass im Publikum meist Kölsche saßen. Textsicher sang der ganze Saal die alten Lieder mit; wie die Evergreens von Willi Ostermann, Gerhard Jussenhoven und Karl Berbuer. Aber auch die neuen Lieder von Bläck Föös, Kasalla, Klüngelköpp und, und, und … wurden kräftig mitgesungen. Die Kölner Ratsbläser heizten mit ihrem Bandleader, den 25 Bläsern und dem Schlagzeuger den Saal kräftig ein. Zum Schluss traten die Palm Beach Girls auf, eine Showtanzgruppe Palmersheim, und brachten eine neue Facette in die Sitzung.

Als Jacky von Guretzky-Cornitz die Sitzung schloss, dachte jeder, hoffentlich war dies nicht das letzte Mal. Es wäre ein großer Verlust für die Kölner Karnevalsszene, wenn die Sitzung nicht mehr stattfinden würde. Zum Abschied dachte ich: „Leever Stohl, wann et geiht, kütt dinge Fot em nächste Johr widder.“

Fotos: ©Joachim Badura, Ulla Weber-Woelk