75 Jahre Muuzemändelcher – Matinee im Senftöpfchen (Ulla)

1949, vor 75 Jahren, fand eine Reihe besonderer Ereignisse statt. Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland wurde beschlossen, der erste Bundestag wurde gewählt, der Europarat und die NATO wurden gegründet. Und in Köln wurde eine für den Kölner Karneval wichtige Vereinigung, die Muuzemändelcher gegründet. Sie ist Kölns erster Verein der im Karneval tätigen Künstler.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs lag Deutschland und so auch Köln in Schutt und Asche. Vier Jahre nach dem Krieg waren die Aufräumarbeiten noch im vollen Gang. Jede helfende Hand wurde gebraucht. Um den Schutt aus dem Gürzenich zu räumen, fanden sich Karnevalskünstler zusammen. Neben der schweren Arbeit hatten sie in den Pausen Zeit, Musik zu machen und sich zu unterhalten. Aus dieser Gemeinschaft heraus entwickelte sich 1949 ein Stammtisch und folgend ein Verein. Auf Vorschlag von Karl Berbuer, der im bürgerlichen Leben Bäcker war, erhielt der Verein den Namen Muuzemändelcher – denn nur im Fastelovend gibt es dieses rheinische Gebäck.

Die Nachkriegszeit war eine Zeit des Aufbruchs. Obwohl die Zeiten hart und die Not groß war, ersehnten sich die Menschen „für wenige Stunden ein Zipfelchen vom Himmelreich“ (so Peter Horatz 1948, Archivar des Festausschusses). Dies fanden sie im Fastelovend. Trotz der für die Nachkriegszeit teuren Preise ließen es sich die Kölner nicht nehmen, zu Karnevalssitzungen zu gehen. Schon bald gab es eine regelrechte Knappheit an Veranstaltungsorten.

In den 75 Jahren ihres Bestehens haben sich die Muuzemändelcher ganz der Förderung und Bewahrung des traditionellen Brauchtums verschrieben. Vor allem gehört dazu die Förderung der künstlerischen Tätigkeiten im Kölner Fastelovend wie Musik, Rede und Tanz.

Blindensitzung 2024

Die zweite wichtige Aufgabe ist die karitative Tätigkeit des Vereins. Hier haben sich die Muuze besonders auf die Durchführung von Veranstaltungen für sozial schwache Mitbürger und Mitbürgerinnen und für Menschen mit Behinderung fokussiert. So werden in der kommenden Session die 73. SBK-Sitzung und die 70. Sitzung des Blinden- und Sehbehinderten-Vereins stattfinden.

Die Golde Muuz 2023

Die Sessionseröffnung am 11.11. ist für die Muuze seit ihrer Gründung ein weiterer wichtiger Termin. Denn am 11.11.1949 weihten sie den Ostermannbrunnen nach seiner Entschuttung feierlich mit einem Potpourri von Willi Ostermann wieder ein. Der damalige Festkomiteepräsident bestimmte in seiner Ansprache, dass von nun an am 11.11. die Sessionseröffnung sein solle. Als 1961 der Platz wegen Renovierungsarbeiten nicht zugänglich war, zogen die Muuze auf Einladung des Oberbürgermeisters Theo Burauen vor das Rathaus und „dat Spill op der Rodhuustrapp“ ward geboren. Es wurde später dann in die Piazzetta verlegt.

Wilfried Wiltschek Ehrung Goldne Muuz

Daraus hat sich ab 1973 eine weitere Tradition entwickelt, die Verleihung der „Golde Muuz“. Mit dieser Ehrung werden Personen und Gruppen ausgezeichnet, die sich in besonderer Weise um das kölsche Brauchtum, die kölsche Lebensart und die kölsche Kultur verdient gemacht haben. Dabei werden nicht nur illustre Persönlichkeiten des Kölner Lebens wie der verstorbene Oberbürgermeister Theo Burauen, Willy Schneider, Gerhard Jussenhoven oder Willy Millowitsch ausgezeichnet, sondern auch Kölner Jecken, die ganz uneigennützig mit ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit im Karneval aktiv sind und still im Hintergrund den „Laden am Laufen halten“. 2020 erhielt der Physiotherapeut und AppsolutJeck-Blogger Wilfried Wiltschek die „Golde Muuz“, da ohne seine „heilenden Hände“ so manche Tänzerin oder mancher Tänzer nicht hätte auftreten können.

Eine weitere schöne Tradition haben die Muuzemändelcher ins Leben gerufen: „das lachende und das weinende Auge“. Mit ihm werden das designierte Dreigestirn der aktuellen und das der vergangenen Session geehrt. Jedes Trifolium startet mit einem lachenden und geht wieder in die Normalität mit einem weinenden Auge.

All dies war Grund genug für die Muuzemändelcher, ihr 75-jähriges Jubiläum gebührend mit einer Matinee im Senftöpfchen Theater zu feiern. Mit Grußworten der Stadt und des Festkomitees Kölner Karneval, überbracht von Bürgermeister Ralf Heinen und Festkomitee Präsident Christoph Kuckelkorn, wurde auf die bedeutende Rolle der Muuzemändelcher als Künstlervereinigung im und für den Kölner Karneval abgehoben. In seiner Laudatio gab Joachim Badura (Baas und 1. Vorsitzender) einen kurzweiligen Abriss über 75 Jahr Muuze. Zudem stellte er einen Ausblick auf die Zukunft des Vereins und die Fragen vor, die sich in der heutigen Zeit für eine Künstlervereinigung ergeben.

Ein buntes Programm rahmte die Reden. Es wurde den geladenen Gästen von den Künstlern der Muuze präsentiert. Dabei traten neben „Die Lebenskünstler vom Rhein“, „Et Klimpermännche“ (Thomas Cüpper), HaPe Jonen, „Ne kölsche Schutzmann“ (Jupp Menth) und Mr. James auch das älteste und das jüngste Mitglied der Muuzemändelcher auf. Neben Ludwig Sebus, dem Grand Seigneur des Kölner Karnevals stand die neunjährige Merle auf der Bühne und trug mit glockenhellem Sopran von Micky Brühl „Ich mööch zo Foos noh Kölle jonn“ und „Stääne“ von „de Klüngelköpp“ vor. Der Programmbogen war weit gespannt von karnevalistischem Gesang, Krätzchensänger, musikalischer Darbietung, tänzerischer Einlage und Büttenrede bis hin zur Stimmenimitation berühmter Jazzmusiker.

Eine besondere Ehrung erhielten Ludwig Sebus und Renate Baum („De Putzfrau vum Rothus“) für 65/40 Jahre Mitgliedschaft bei den Muuze.

Im Finale wurden die Mitglieder des vor kurzem neugewählten Vorstands auf die Bühne gebeten. Mit Joachim Badura (Baas und 1. Vorsitzender), Dagmar Weber (2. Vorsitzende), Rudi Schnitzler (Geschäftsführer) und Detlef Boldau (Schatzmeister) wird sich der Verein den zukünftigen Aufgaben stellen. Dazu wünscht AppsolutJeck viel Erfolg und gratuliert herzlich zum 75-jährigen Jubiläum.

Bildnachweis: Alle Fotos: @Joachim Badura