Interview W. Pauels: Brauchtum schenkt Hoffnung!

Willibert Pauels hat viele Jahre als „Ne bergische Jung“ auf den Karnevalsbühnen in und um Köln die Jecken mit tiefgründigem Humor begeistert. Immer wieder hat er dabei auf den Zusammenhang zwischen katholischer Religion und Fastelovend hingewiesen. Und das reduziert er nicht nur auf das schöne Beispiel, dass der Kölner Prinz Karneval wie der Papst rote Schuhe zum Ornat trägt.

Das Jecke BKB Trio

 

 

 

 

Der Karneval lebe, so Pauels, von und in der Tradition, die noch viel älter sei als das 1823 gegründete „Festordnende Comite“. Fastnacht, die Nacht vor dem Fasten, sei gebunden an die große Fastenzeit vor Ostern, wo die Menschen noch einmal richtig sinnlich feierten und damit den besten Start in die Fastenzeit hätten. Und wahrscheinlich, so Pauels, gehe der Karneval noch weiter zurück in vorchristliche Zeit, wo die Menschen den nahenden Frühling mit großer Sinnesfreude begrüßten.

Tradition

Willibert Pauels ist überzeugt, dass der Kölner Karneval „unbedingt die Tradition pflegen muss und dies hervorragend tut“. Da störe auch nicht, was an Auswüchsen zum Beispiel am 11.11. oder an Weiberfastnacht zu beobachten sei. Pauels ist zuversichtlich, dass die Party die Tradition nicht verdrängen könne. „Party-Karneval, wir sagen der Ballermann-Karneval, existiert zwar und jeder feiert anders. Soll er auch ruhig, aber das zerstört nicht den traditionellen Karneval.“

Wie jedes Fest brauche auch der Karneval feste Zeiten, einen Anfang und ein Ende. Nur dann könne man „authenitisch leben“.  Wenn man permanent feiere, so Pauels, werde man zum Alkoholiker. Das halte niemand aus, körperlich nicht, aber auch nicht psychisch. Pauels ist überzeugt, dass die Menschen spürten, wenn im Feiern die „Ordnung“ fehle. Und die bestehe auch darin, auf feste Zeiten begrenzt zu sein. Ansonsten, so Pauels, sei die Feier nichts Besonderes und werde „banal, leer und hohl.“

Willibert Pauels ist Diakon und Büttenredner mit gleicher Leidenschaft. Er sieht den Kern der Religion im Spenden von Trost, der darin bestehe, den Menschen eine Perspektive zu eröffnen, die letztlich über den Tod hinausgehe. Und natürlich ist für ihn der Bezug zum Fastelovend eine Frage, die er sofort und sicher beantworten kann: „Was hat das mit Karneval zu tun? Alles! Denn immer dann, wenn der Mensch unbeschwert feiert, erhebt er sich über seine Zwänge. Er bekommt eine Ahnung davon mehr zu sein als ein Zellhaufen, der bio-chemisch reagiert“.

Pauels sieht diese Unbeschwertheit als wesentliches Charakteristikum des Karnevals. Wenn in den Kneipen, auf der Straße oder auf Sitzungen „der halb betrunkene Generaldirektor irgendeiner Firma mit seiner Putzfrau schunkelt und gut gefeiert wird, ist das nicht ein Abschießen. Es ist eine Glückseligkeit.“ Und dieses Gefühl der Glückseligkeit ist für ihn ein „Spiegel der Wahrheit hinter aller Religion.“

Karneval und Religion

Im Feiern an und für sich sieht Pauels daher überhaupt kein Problem. Im Gegenteil: „Wenn ich richtig und gut feiern kann, bin ich in einer Stimmung wie ein Engel. Ich schwebe, ich singe Lieder, ich schunkele, ich mache erotische Spiele.

Ich bin in einem Zustand, der über den Dingen steht.“ Nichts anderes sei Religion in ihrem Kern, so Pauels. Sie eröffne eine Perspektive, die über die Dinge hinausgehe. Man erkenne, dass nicht die Dinge einen im Griff haben, sondern man drüber stehen könne. Deshalb hingen, aus Sicht von Pauels, Karneval und Religion so tief zusammen.

Dom Gottesdienst Joachim Badura

Manchmal erscheinen Rituale nur als leere Hüllen. Das gilt für den Karneval wie für die Kirche. Für Pauels sind Rituale aber etwas ganz Wichtiges, für ihn haben sie eine heilende Kraft. Wenn zum Beispiel am Anfang der Session der FC im Dom die Messe feiere, dann sei das Haus voll, die Orgel spiele „Ich stonn zu dir FC Kölle“ und alle sängen am Ende mit. „Da spüren die Menschen“, so Pauels, „dass es Hoffnung gibt in der Welt und sie teilhaben können.“

Was Karneval, Humor, Witze und Religion verbindet, ist für Willibert Pauels die Möglichkeit, den Menschen eine „Hoffnung in die Seele zu senken“. Für ihn, den überzeugten Katholiken und brillianten Humoristen ist es das „Entscheidende“!

Bildnachweis: Fotos Aufmacher & Dommesse © J.Badura,; alle anderen Fotos © BKB.