Literat – Zwischen Pfarrheim und Kristallsaal (Schlambo)

Literat: [unschöpferischer, ästhetisierender] Schriftsteller. Mit diesen Worten beschreibt das Internet die Bezeichnung des Literaten. Vielleicht hat der heutige Begriff tatsächlich seinen Ursprung in der Schriftstellerei, denn der Literat inszeniert heutzutage im Karneval seine Sitzung für das närrische Volk, viel Schriftverkehr ist dafür ebenso unumgänglich.

Literat der Mauenheimer Muschele

Als Literat bin ich für die Programmgestaltung unserer Veranstaltungen – die der Karnevalsfreunde Mauenheimer Muschele 1959 e.V. – zuständig. Letztes Wochenende war deren Mädchersitzung. Meine Planung dafür hat bereits vor zwei Jahren begonnen. Eine gute Mischung aus Tradition und Moderne sollte es werden. Ausgewogen sollte es selbstverständlich auch sein, das Verhältnis zwischen Bands, Rednern und Tanzgruppen muss stimmen. Ebenso darf ein Traditionskorps auf jeder guten Sitzung natürlich nicht fehlen. Soviel also zu den Rahmenbedingungen. 

Mit knappem Budget und einem Telefon bewaffnet, telefoniere ich gefühlt mit mehreren 1.000 Leuten, um die Programmplanung voranzubringen. Ein straffer Zeitplan und minutiöse Planung sind mein stetiger Begleiter. Bis zum fertigen Vertrag vergeht meist eine Menge Zeit, dennoch füge ich nach vielen Gesprächen nach und nach einen wunderbaren Künstler nach dem anderen in mein Sitzungsprogramm ein. Bis Mitte des Jahres stehen weitgehend die Grundpfeiler und ich kann in die Detailplanung gehen. Diese ergeben sich meist erst im Laufe des Jahres.

Sobald alles fertig geplant ist, hefte ich alles, was ich schriftlich habe, ab. Wichtig für mich ist hierbei alles an Gedanken und Informationen zu notieren, denn es vergeht ein wenig Zeit, bis man den Ordner mit der fertigen Sitzung wieder öffnet, und ich bin immer froh, wenn ich mir kurz vorher nochmal alles an Informationen durchlesen kann, um wieder auf Stand zu sein.  

Mädchensitzung – Es geht los

Unsere Mädchensitzung der Muschele startet gewohnt am Sonntagmorgen um 11.11 Uhr. Am Abend vorher war ich noch mit den Appelsinefunke, der Nippeser Bürgerwehr, bei der „Früh Party“ im Keller der Brauerei Früh. So mache ich mich mit etwas mehr als drei Stunden Schlaf auf den Weg.

Schlambo bei der Arbeit als Literat

Mit Ordner und diversen Verträgen unter meinem Arm betrete ich das Jugendheim St. Quirinus. Da ich rund um dieses Jugendheim aufgewachsen bin, kennt mich dort gefühlt jeder. So findet auch die Begrüßung eines jeden Einzelnen sehr herzlich und fröhlich statt. Nach einigen Schwätzchen und diverser nützlicher Informationen („Ding Mamm es och schon heh“) habe ich mich in einen kleinen Nebenraum begeben, um noch einige Telefonate zu führen. 

Mit Käsebrötchen und Kaffee starte ich in den Sitzungsmarathon. Jeder Künstler an diesem Tag erhält nochmals einen Anruf von mir, ob alles in Ordnung ist und ob deren Zeitplan so bleibt wie es bei mir vorliegt. Falls einer irgendwo aufgehalten wird, kann ich das ein wenig einplanen und darauf kurzfristig reagieren. 

Dann geht es auch schon los: Die erste Gruppe erscheint kurz vor ihrem Auftritt und macht sich bereit. Im Keller des Jugendheims haben sie sich im großen Aufenthaltsraum ausgebreitet und legen ihre Kostüme an. Die Herren, die gleich auftreten, sind mindestens genauso bekannt im Saal wie meine Person. Das Männerballett – De Hexeschüss, alles Jungs aus unserem Veedel. Sie sind schon seit Jahren mit viel Herzblut dabei. Ich gebe meinem Präsidenten ein Zeichen, dass alles parat ist und er pünktlich um 11.11 Uhr die Sitzung eröffnen kann. Los geht’s! Von Sekunde eins ist im Saal mit über 200 jecken Damen Stimmung wie beim Endspiel der Fussballweltmeisterschaft mit deutscher Beteiligung. Einfach Weltklasse! Schon bereits in diesem Moment weiß ich, warum ich diese „Arbeit“ über Jahre mache. Diese Stimmung und die vielen fröhlichen Gesichter sind jeden Aufwand wert. 

Die Mädels bekommen an diesem Tag noch einiges an Programm geboten. Ne Kistedüvel, die KKG Nippeser Bürgerwehr 1903 e.V., die Kölschen Adler, Mo-Torres, die Brass Band Druckluft, De Frau Kühne, Pläsier, die jungen Trompeter, und Kuhl un de Gäng bringen den Saal, jeweils auf ihre Art, zum Kochen. Alle Auftritte finden pünktlich statt und ich kann in Ruhe meinen Papierkram im Hintergrund erledigen. Nach über fünf Stunden ist die Sitzung dann vorbei. Die Mädels haben richtig gut gefeiert, gut zugehört bei den Rednern und sich beim Tanzen ausgiebig ausgepowert. Kompliment! Ein rundum gelungener Sonntag. 

Feierabend!

Ich genieße meinen „Feierabend“, nach gefühlt 3.000 Stufen vom Keller bis in den Saal und 14 zurückgelegten Kilometern bei einem Feierabend Kölsch, leckeren Bratkartoffeln mit Spießbraten, in meinem kölschen Wohnzimmer „Em Pözje“. Im Schlepptau habe ich noch Ralf, Oli, Micha und Stina, die Tanzmarie der Nippeser Bürgerwehr. Der Tag ist nämlich noch nicht ganz zu Ende, denn wir begleiten die liebe Ingrid (De Frau Kühne) zu ihrem Auftritt in der Kölnmesse. Auch hier ist es bunt, nur alles ein wenig größer.

 

Auf dem Weg vom Saal zum Auto treffen wir noch die „Kapelle“ Brings und Ingrid grüßt schnell den lieben Peter mit den Worten „N’abend, macht euch nix draus, nach mir ist immer schwer“, mit einem netten Augenzwinkern. Kleines Kontrastprogramm zwischen Pfarrheim und Kristallsaal. Aber am schönsten ist es natürlich immer noch im eigenen Veedel. In diesem Sinne: Kölle Alaaf!

 

Bildnachweis: Alle Bilder BKB Verlag