Philipp Bertram: Frauen im Karneval haben es schwer (Nicci)
Das letzte Interview für die diesjährige Reihe führte ich mit Philipp Bertram. Er ist Tanzoffizier des Traditionskorps Altstädter und wir kennen uns schon länger. Es fiel mir also überhaupt nicht schwer, den für mich sonst heiligen Sonntag Abend zu opfern und mit Philipp eine Pizza essen zu gehen. Dabei habe ich ihn dann zum Thema „Frauen im Karneval „befragen können.
Sein erster Impuls als ich das Thema ansprach: „Schwer!“ Er macht keinen Bogen darum, dass der Karneval von Männern dominiert wird und Frauen im Showgeschäft einen härteren Weg zu gehen haben als Kerle es müssen. Schnell kommen wir dabei auch auf das Thema Tanz, wo sich ein Lächeln in Philipps Gesicht breit macht. Allerdings gibt es neben dem lachenden auch ein weinendes Auge und er erläutert direkt, warum er das so empfindet:
„Unter dem Leistungsdruck, dem sich viele Tanzgruppen stellen, leidet leider oft auch die Qualität. Manche kriegen das wirklich toll hin und stellen beeindruckende Hebefiguren und Würfe dar. Bei manchen ist das leider zu einem Kampf geworden, den man den Tänzerinnen und Tänzern ansieht. Das hat ja kaum noch was mit einer traditionellen Tanzgruppe zu tun.“
Kein neues Thema. Mein Kollege Wilfried hat darüber schon sehr ausführlich berichtet. Aber ich möchte wissen, was genau Philipp mir damit sagen will, in Bezug auf „Frauen im Karnevalkommt von „Carne vale! Fleisch, lebe wohl!“und bringt den Charakter des Festes als Freudenfest vor der langen Fastenzeit zum Ausdruck bringt.“?
„Der einzige Bereich im Karneval, wo Frauen in der Mehrzahl sind, sind Tanzgruppen. Ansonsten wird der Karneval von Männern dominiert. Und welche Möglichkeiten haben die Mädels sonst noch aktiv am Karneval teilzunehmen? Außer in einer Gesellschaft, wo Damen erwünscht sind?“
So habe ich das Ganze noch nie betrachtet. Klar können sie Sängerin oder Rednerin werden. Aber darauf muss man a) Bock haben und b) braucht man ein gewisses Talent, welches nicht jedem gegeben ist. Zudem ist ja unumstritten, dass Frauen als Künstlerin auf der Bühne im Fasteleer Schwierigkeiten haben. Das findet Philipp übrigens auch. Allerdings mit etwas mehr Optimismus:
„ Wir leben in einer Zeit wo sich generell sehr viel ändert. Gerade durch unser Köln und die verschiedenen Kulturen, die sich hier entfalten können. Aber es wird sich schon irgendwie entwickeln. Wir Kölner sind ja sehr tolerant. Der Karneval ist ein Medium, wo man Dinge ansprechen darf und kann. Da sollten wir uns nicht den Mund verbieten lassen. Eine Frau sollte sagen, dürfen was sie denkt. Und sich auch darstellen, wie sie es möchte. Aber wir alle sollten dem Geschlecht gegenüber Respekt und Menschlichkeit entgegen bringen.“
Er liebt den Gedanken, dass sich hier alle einig wären. Das Männer sich mehr über Frauengesellschaften freuen und Frauen akzeptieren können, kein Teil eines Traditionskorps zu sein. (Mit Ausnahme des Mariechens) „Diese feministische Auflehnung dagegen ist teilweise sogar schon nervig.“
Da stimme ich ihm zu. Ich habe auch schon beobachtet, wie manche Frau immer wieder erwähnen muss, wie sie es hätte besser machen können. Dass sie ihre großartigen Ideen nicht einbringen kann, weil sie kein Teil der Sache sein „darf“. Eine rebellische Einstellung, die für einem ungemütlichen Umgang miteinander sorgt und den Sachverhalt nicht positiv beeinflusst.
„Außerdem geht ja auch in einem Traditionskorps nichts ohne Frauen!“, wirft Philipp Bertram ein. „In der Geschäftsstelle der Altstädter sind nur Ladies. Und ohne die würde gar nichts laufen! Kartenversand, Schriftverkehr und sämtliche Organisation von Montag bis Freitag nur für den Verein. Auch wenn das ein Job ist, gehört da eine Leidenschaft für den Karneval dazu. Außerdem ist es nicht selbstverständlich, als Frau zu dulden, dass der Auserwählte in einem Traditionskorpsist eine Ehrenbezeichnung. Zum Traditionskorps wird eine Gesellschaft vom Festkomitee-Praesidenten ernannt, weil sie sich mit ihrer Brauchtumsförderung in den historischen Uniformen um den Karneval verdient gemacht hat. Derzeit gibt es im Kölner Karneval neun Traditionskorps: die Roten und die Blauen Funken, die Ehrengarde, die Nippeser Bürgerwehr, die Bürgergarde blau-gold, die Prinzengarde, die Altstädter, der Treue Husar und das Reiterkorps Jan von Werth. tätig ist. Nicht jede Frau macht es mit, ihren Mann täglich in der Session feiern zu lassen, dabei gelegentlich noch als Fahrer zu agieren und trotzdem noch eine Tupperdose mit Snacks vorzubereiten, damit der Herr mit seinen Kumpels gut durch den Tag kommt.“
Er betont, wie extrem wichtig und absolut nicht selbstverständlich es ist, nicht aktiv dabei sein zu dürfen, aber dennoch so viel dafür zu tun. Bildlich dargestellt, nennt Philipp Bertram das Beispiel mit dem Eisberg. „Alle sehen immer nur die Spitze und nicht, was sich alles darunter verbirgt.“ Während er mir erklärt, was die unsichtbaren Jobs der Gesellschaftsdamen so sind, schwingt in seiner Stimme sehr viel Respekt mit. Er betont auch, dass sein Verein den Frauen sehr viel Wertschätzung entgegen bringt und dankbar ist. Ich freue mich darüber, dass Philipp das Gespräch in diese Richtung gelenkt hat. Lachend sitzen wir da und malen uns aus, wie es in den Vereinen wohl laufen würde, wenn es selbst die Damen im Hintergrund nicht gäbe. Danke für den schönen Abend Philipp!