Planung Rosenmontagszug – jedes Jahr ein (Millionen-)Projekt (Melanie)

Nach zwei Jahren Zwangspause ist es dieses Jahr endlich wieder so weit, der Rosenmontagszug darf durch die Straßen ziehen. Im Jubiläumsjahr auch noch mit einer Besonderheit: Er startet op der Schäl Sick in Deutz. Die Zugteilnehmer legen eine Strecke von 8,5 Kilometern zurück und erreichen ihr Ziel am Chlodwigplatz. Am Start sind insgesamt 78 Gruppen mit insgesamt 12.000 Teilnehmern. Das alles will vorbereitet werden, im Großen wie im Kleinen. Wie sieht die Planung eigentlich für die einzelnen Gruppen aus? 

 

Veedelszoch 2023

Nachdem ich den Zug viele Jahre am Straßenrand miterlebt habe, bin ich 2016 zum ersten Mal mitgelaufen. 2019 war ich dann als Helferin im Bagagewagen dabei und habe auch beim Kamelle packen und bei der Beladung des Festwagens geholfen. Da habe ich schon einen ersten Einblick bekommen, wie viel Aufwand hinter der Organisation steckt. Und wir, die Deutzer KG Schäl Sick, sind ja nur eine kleine Karnevalsgesellschaft.

Der Rosenmontagszug

Holger Kirsch, der seit der Session 2019/2020 als Zugleiter für das Gesamtkunstwerk „Rosenmontagszug“ verantwortlich ist, muss 3.600 Fußgruppen, 1.700 Tanzgruppenmitglieder, 1.600 Personen auf den Wagen, 1.260 Musiker und Musikerinnen in 65 Kapellen, 270 Pferde und 3.840 Helfer und Helferinnen organisieren. Zusammen werfen sie 300 Tonnen Süßigkeiten und 300.000 Strüßjer unter die Zuschauer. Wenn alle Teilnehmer in Bewegung sind, hat der Zug eine Länge von 8,2 Kilometern. Damit sichergestellt ist, dass auch der Prinz noch im Hellen ankommt, wird de Anzahl der Teilnehmer pro Gesellschaft durch das Festkomitee beschränkt. Diese Zahl wird aus mehreren Parametern ermittelt, unter anderem aus der Mitgliederstärke und der Besucherzahl bei Sitzungen.

Der Prinz aus dem Jahr 2015 ist ein Ehrenamtler aus dem Bilderbuch. Neben seinem Beruf als selbstständiger Architekt ist er noch Vizepräsident bei Viktoria Köln und eben Zugleiter des Kölner Rosenmontagszugs. Außerdem hat er noch Ehefrau und drei Töchter, die auch nicht zu kurz kommen dürfen. Das alles unter einen Hut zu bringen, zeugt von Organisationstalent, so ist er im Job als Zugleiter genau richtig und wird uns auch in diesem Jahr bestimmt wieder einen großartigen Zug schenken. 

Gruppe 42 Deutzer KG Schäl Sick vun 1952 e.V. 

Wie sieht eigentlich die Planung bei den einzelnen Gruppen aus? Ich habe in meiner kleinen KG schon einiges von unserem Zugleiter Andreas Schnepf mitbekommen. Wir dürfen insgesamt mit 45 Teilnehmern inkl. Helfer dabei sein. Mit unseren Teilnehmern bringen wir 6.000 Strüßjer und ca. 1,8 Tonnen Süßigkeiten die Jecken am Straßenrand. Neben Schokoladentafeln und Pralinen setzt sich unser Wurfmaterial auch aus Mischbeuteln zusammen, die von uns selbst gepackt und zusammengestellt wurden. Dafür haben wir uns am Wochenende vor Beginn des Straßenkarnevals getroffen und 233 dieser Beutel für die Fußgruppe gepackt. Logistisch einfacher sind die Kamelle für den Festwagen, da diese in den Karton verpackt bleiben können und nicht während des Zuges in die Beutel der Fußgruppe umgefüllt werden müssen.

Als Zugleiter kümmert sich Andreas bei uns in der Gesellschaft ziemlich umfassend allein um die Organisation. So schreibt er die Mitglieder für die Anmeldung mit Infos an, wickelt die Kamellebestellungen ab und sorgt dafür, dass alle Teilnehmer ein passendes Kostüm haben. Zusätzlich muss er zu drei Terminen zum Festkomitee, davon zu zwei Zugleitertreffen und zur Vertragsunterzeichnung für die Teilnahme. Außerdem organisiert er die Örtlichkeiten, an denen wir uns vor dem Zug zum Frühstück treffen und im Anschluss den Rosenmontag ausklingen lassen.

Für ihn ist der Rosenmontag das Highlight der Session und er freut sich darauf in der Fußgruppe dabei zu sein und mit den Jecken am Straßenrand hautnah feiern zu können. 

Gruppe 47 Bürgergarde „blau-gold“ von 1904 e.V. 

Im Vergleich dazu wollte ich gerne wissen, wie die Planung in einem großen Korps aussieht. Rolf Braun, der Zugleiter der Bürgergarde Blau-Gold hat mir einen Einblick gewährt. Er ist seit 1991 Mitglied in der Bürgergarde, seit 2002 ist er der Zugleiter und organisiert in diesem Jahr den 20. Rosenmontagszug für die Bürgergarde. Dass er dieses Amt mit Herz und Seele ausübt, wurde mir klar, als ich ihn nach dem geschätzten Zeitaufwand pro Session fragte und er mir antwortete, er habe sich darüber noch nie Gedanken gemacht hat, es sei ein Ehrenamt und er mache es gern. Liebe Bürgergarde, in Zeiten, in denen Ämter immer schwerer besetzt werden können und Ehrenamt nicht mehr selbstverständlich ist, dürft ihr euch glücklich schätzen, ihn in euren Reihen zu haben. 

Unterstützt wird Rolf von einem Team von Helfern. Neben einem Wagenmeister wird er vor allem bei der Koordination der Helfer unterstützt. Bei ihm laufen jedoch alle Fäden zusammen, das unterscheidet die Bürgergarde von anderen Korps, bei denen die Aufgaben zwischen mehreren Personen aufgeteilt werden. 

Die arbeitsintensivste Zeit ist für ihn ab dem Dienstag vor Karneval bis Aschermittwoch. Hier muss vieles für den Rosenmontagszug und die den Dienstagszug in Ehrenfeld koordiniert werden. Am Aschermittwoch endet der Stress mit der Bezahlung der Helfer und der Überprüfung der Wagen.

Ich wollte von Rolf etwas über die Dimensionen wissen. Die Bürgergarde nimmt am Rosenmontagszug mit 400 – 420 Personen inkl. Helfer teil. 90 Männer sind in der Fußgruppe unterwegs und werden von 35 Kamelleläufern begleitet, die dafür sorgen, dass die Gardisten jederzeit genug Kamelle und Strüßjer unters Volk bringen können. Insgesamt hat die Bürgergarde fünf Wagen dabei. Premiere hat in diesem Jahr der Wagen des Tanzpaar,es der am 10.2.2023 von Denise Willems, dem Mariechen eingeweiht und vorgestellt wurde. Sie wird von diesem Wagen aus ihren letzten Rosenmontagszug als Mariechen mit ihrem Tanzoffizier Christopher Wallpott erleben. 

Für alle Teilnehmenden hat Rolf 60 Europaletten an Kamelle bestellt, die unter anderem aus 250.000 Waffeln und 160.000 Tüten Haribo und 30.000 Strüßjer bestehen. Fast alle Kamelle werden bereits mit dem Branding der Bürgerwehr geliefert. Nur bei den Toffees legt die Gesellschaft selbst Hand an. Damit diese auch als Geschenk der Bürgergarde zu erkennen sind, erhalten sie eine eigens angefertigte Hülle.

Ich wollte von Rolf auch wissen, wie die Bürgergarde mit Pferden im Zug umgeht. In diesem Jahr sind noch fünf Reitpferde dabei, die von je einem Führer begleitet werden. Diese und auch die Kamelleläufer für die Reiter sind mit den Pferden vertraut. Außerdem werden die Pferde von vier Sicherheitskräften begleitet, um sie von Angriffen von außen zu schützen. Zum Ziehen der Wagen werden keine Pferde mehr eingesetzt, diese wurden alle auf Traktoren umgestellt. 

Abschließend erzählte mir Rolf, dass die gesamte Planung wie ein Mosaik für ihn ist. Am Ende muss ein stimmiges Gesamtbild herauskommen. Alles muss passen, denn für den großen Auftritt am Rosenmontag hat man immwe nur einen Versuch. 

An dieser Stelle wünsche ich uns allen einen schönen, bunten und friedlichen Rosenmontagszug bei hoffentlich strahlendem Sonnenschein. Für alle, die selbst einmal an diesem Zug teilnehmen möchten, hier die Information, dass die meisten Gesellschaften auch Gäste mitnehmen. Bei den Korps sind die Herren natürlich im Vorteil, denn Frauen sind bis auf die Mariechen oder Teilnehmerinnen auf einem Damenwagen wie bei der Bürgergarde eher die Ausnahme. Die kleineren Familiengesellschaften bieten Gästen aber die Möglichkeit mitzugehen, wenn noch Plätze frei sind. Die Kosten belaufen sich für eine Teilnahme in der Fußgruppe inkl. Kamelle auf ca. 500 Euro, auf dem Wagen ist es deutlich mehr. Die meisten Gesellschaften suchen aber auch jedes Jahr Helfer, die natürlich kostenlos mitgehen und meist noch eine kleine Zahlung als Dankeschön bekommen.

 

Fotos: Deutzer KG Schäl Sick vun 1952 e.V., Bürgergarde „blau-gold“ von 1904 e.V. (Joachim Badura, Joachim Rieger), Festkomitee Kölner Karneval (Bild: Holger Kirsch)