Vun Düx noh Kölle – Der Rosenmontagszug 2023 (Ulla)

Zum ersten Mal zieht der Rosenmontagszug 2023  von Deutz ausgehend über die Deutzer Brücke durch die Kölner Innenstadt und das Severinsviertel, um an der Severinstorburg zu enden. Damit erfüllt Zugleiter Holger Kirsch sich und den Kölnern, die auf der „Schäl Sick“ wohnen, einen Herzenswunsch.

Nach zwei Jahren, bedingt durch Corona und den russischen Angriffskrieg in der Ukraine, findet wieder ein Rosenmontagszug statt. Dieser Zug ist ein ganz besonderer. Mit ihm wird das Jubiläum „200 Jahre Kölner Karneval“ gefeiert.

Diesem Ereignis wird vor allem mit den insgesamt 23 Persiflagewagen Rechnung getragen. Anhand von verschiedenen Mottos aus den 200 Jahren Kölner Karneval werden aktuelle Themen aus Politik, Gesellschaft, Weltgeschehen und natürlich auch aus Köln persifliert. Wie immer wurden die Wagen von den Kritzelköpp entworfen.

Mit dem Wagen „Thronbesteigung des Helden Carneval“ wird an den ersten Rosenmontagszug auf dem Neumarkt erinnert. Auf dem vergrößerten Nachbau des Wagens von 1823 werden als besonderer Dank das Dreigestirn und die beiden Kinderdreigestirne der Jahre 2021 und 2022 mitfahren, denen kein Rosenmontagszug vergönnt war. Sie werden von den Altstädtern begleitet. Dieser aufwendige Wagen in Form eines Fisches, Delphins oder was auch immer für ein Wassertier hier gemeint sein mag, wurde vom Großen Senat finanziert. In den kommenden Jahren werden auf ihm zum Dank die „Helden des Karnevals“ mitfahren, nämlich die ehrenamtlich Aktiven, die sich besonders um den Karneval verdient gemacht haben. Auch Polizisten, Feuerwehrleute und Sanitäter, die im Karneval stets für Sicherheit sorgen, sollen auf ihm mitfahren.

Die zurzeit in Europa grassierende rechtspopulistische Politik wird mit dem Wagen des Mottos von 1974 „Zustände wie im alten Rom“ thematisiert. Der in Domina-Outfit thronenden italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni leckt in kriecherischer Haltung AfD-Bundestagsfraktionchefin Alice Weidel die schwarzen Lackoverknees.

Die leidvollen Zeiten, in denen der Rosenmontagszug nicht stattfand, werden mit dem Wagen „1871, 1914-1918, 1939-1945, 1991, 2022“ thematisiert. Hier ist vor der glühend roten Kulisse des Kremls mit verbrannten Wäldern ein die Welt durch den Fleischwolf drehender Nosferato-Waldimir Putin dargestellt. Als im vergangenen Jahr der Angriffskrieg Russland gegen die Ukraine ausbrach, wurde kurzerhand der Rosenmontagszug abgesagt und vom Festkomitee zur größten Friedensdemonstration der Stadtgeschichte aufgerufen.

Dagegen wird in dem Wagen „Dat löstige Patentamp Kölle“ in herzhafter Weise die alternative Energiepolitik aufs Korn genommen. Dem Motto von 1954 entsprechend sind die Kölschen auf eine patente Lösung gekommen. Mit Ääze, Bunne, Linse werden sie so kräftig „Dampf“ machen, dass über den „Kölsch Stream 11“ genügend Biogas in die Speicher geleitet werden kann. Energiekrise gelöst!

Wenn auch manche Themen in den Jahren davor schon im Zug behandelt wurden, so heißt es nicht, dass sie an Aktualität verloren haben. Leider wird uns der Klimawandel als gravierendes Problem auch weiterhin begleiten. Unter dem Motto von 1886 „Die vier Jahreszeiten“ steht ein Eisbär mit einem Bauchladen auf seiner zu einem winzigen Flecken geschmolzenen Eisscholle und bietet „Klebär“ an. In seiner Heimat, dem Nordpol, zeigen die Jahreszeiten nur noch ein Bild: Sonne – Sonne – Sonne – Sonne. Wie auch immer man zu den Aktionen der Kleberaktivisten stehen mag, so Holger Kirsch, dem Klimawandel müssen wir uns stellen.

So wird vom Festkomitee Kölner Karneval auch auf mehr Nachhaltigkeit am Zugwegrand geachtet. 23.000 Pfandbecher aus Hartplastik, mit jecken Motiven verziert und mehrere Jahre wiederverwendbar, tragen dazu bei, dass die Nutzung von Einwegbechern deutlich geringer sein wird.

Anlässlich des Jubiläums „200 Jahre Kölner Karneval“ werden nicht nur die Persiflagewagen gebaut, sondern auch weitere besondere Wagen und vor allem neue Großfiguren. Die Figuren sind viel leichter und graziler als die alten und werden damit für ihre Träger angenehmer zu tragen sein.

Der schon 2021 im Puppenzug in Kleinformat mitgefahrene Inklusionswagen wird nun im Großformat nachgebaut. Mit dem LVR wurde die Kooperation „Karneval für Alle“ eingegangen, um Menschen mit Behinderung nicht nur eine Teilnahme am Rosenmontagszug, sondern ihnen auch das Mitfeiern auf der Inklusionstribüne zu ermöglichen. Ebenso wird die Übertragung durch den WDR von einem Gebärdendolmetscher in Gebärdensprache übersetzt.

Auf dem noch geheimen Jubiläumswagen werden die Tänzerinnen und Tänzer der Hellige Knäächte un Mägde mitfahren. Neben der Großen von 1823, den Roten Funken und dem Festkomitee feiert auch die erste Tanzgruppe des Kölner Karnevals ihr 200-jähriges Bestehen.

Als Brücke mit einer Dampflok wird der Wagen des Zugleiters ebenfalls neu gestaltet. Womit auf die Verbindung zwischen den beiden Rheinseiten angespielt werden soll.

Vorerst ist der neue Zugweg als ein einmaliges Erlebnis anlässlich des Jubiläums gedacht. Nach Rosenmontag wird man sehen, wie er sich bewährt hat und ob man in späteren Jahren wieder auf ihm ziehen wird.

Aber vorerst hoffen wir auf schönes Wetter an Rosenmontag, damit die Jecken die volle Pracht des Rheinpanoramas genießen können.

„Luur ens vun Düx noh Kölle!“ (Ludwig Sebus)

 

Fotos mit Holger Kirsch: Joachim Badura, Persiflagen: Festkomitee Kölner Karneval