Interview M. Küster: Tradition gibt Stabilität

Bei den Sitzungen hat man manchmal den Eindruck, dass die Jecken nur noch Musik hören und auf den Tischen tanzen wollen. Immer wieder muss die Sitzungspräsidentin oder der Sitzungspräsident für Ruhe im Saal sorgen, wenn ein Redner auftritt. Wie ist das bei der Prinzen-Garde? euch? Darüber haben wir mit Dr. Martin Küster, dem Pressesprecher der Prinzen-Garde gesprochen.

Das Jecke BKB Trio

 

 

 

Das ist bei uns schon anders. Wir haben auf jeder Sitzung drei Rednerinnen oder Redner, von denen einer auch mal erst lange nach der Pause gegen 23.30 Uhr in den Saal kommt. Wir haben drei Grundregeln, die (Sitzungsleiter) Marcus Gottschalk zu Beginn jeder Sitzung bekannt gibt: Regel Nr. 1: Wenn ein Redner kommt, ist es mucksmäuschenstill im Saal und wir hören dem Redner zu. Regel Nr. 2: Wenn ein Traditionskorps oder eine Tanzgruppe kommt, empfangen wir diese frenetisch und schauen dem Tanz zu. Regel Nr. 3: Wenn eine Musikgruppe kommt, tanzen wir auf Stühlen und Tischen und singen mit.

Gibt es Unterschiede zwischen Gala-, Kostüm-, Herren- und Damensitzung?

Natürlich gibt es Unterschiede in den Darbietungen, vor allem zwischen Damen- und Herrensitzung. Bei einer Herrensitzung sinkt die Aufmerksamkeit mit zunehmender Bierlaune, da reichen zwei Redner. Bei den anderen Sitzungen ist die Aufmerksamkeit gleich groß.

Hat sich das Programm in den letzten Jahren verändert?

Die Qualität unsere Rednerinnen und Redner hat sich verbessert. Unser Präsident Dino Massi legt sehr viel Wert darauf, dass wir gute Rednerinnen und Redner haben, dass wir die Gäste mit einer Rede gut unterhalten. Die Qualität der Musikgruppen war immer super, wir bieten wirklich das Nonplusultra an, was man musikalisch bieten kann. Das gilt auch für die Redner.

Generalkorpsappell Prinzengarde

Welche Chancen hat der Nachwuchs in Rede und Musik bei euch?

Bei Formaten wie dem „Gardedanz“ oder dem „Prinzenschwof“ werden auch Nachwuchsbands gebucht. Bei dem Generalkorpsappell oder dem Litewka-Abend treten auch vielseitige Redner auf. Der Litewka-Abend ist übrigens ein wieder aufgelebtes Format, das nicht für das ganze Publikum gedacht ist, sondern nur für Prinzen-Gardisten und Gäste von befreundeten Gesellschaften. Es ist ein Abend ohne Musik nur mit Rednerinnen und Rednern. Das geht in die Richtung Tradition und Brauchtum, was die eigentlichen Karnevalisten im Grunde auch wollen.

Generalkorpsappell Prinzengarde

Tradition ist für euch also wichtig! Welches Feuer, um den Spruch von Jean Jaurés aufzugreifen, gebt ihr weiter?

Tradition ist uns wichtig, aber die Prinzen-Garde entwickelt sich weiter und stellt sich erfolgreich den modernen Gesichtern des Karnevals. Dabei wird diese Tradition von unseren Mitgliedern und Gästen auf den Veranstaltungen nicht nur akzeptiert, sondern aktiv gesucht. Gerade deshalb kommen junge Leute zu uns.

Die sagen, Karneval ist nicht nur von Weiberfastnacht bis Aschermittwoch, sondern das ganze Jahr über ein gesellschaftliches Miteinander, und wir suchen ganz bewusst Tradition und Brauchtum. Leute, die auf der Bühne tanzen oder im Rosenmontagszug mitgehen, machen das nicht, um sich zu amüsieren, sondern um Tradition und Brauchtum zu leben. Das hat sich in 200 Jahren Kölner Karneval entwickelt und gibt den Menschen eine gewisse Stabilität und das Vertrauen in eine Struktur. Das ist es, was viele Menschen suchen, bei uns finden und mit uns verbinden. Wir bieten das Feuer an und die Menschen kommen zu uns und tragen das weiter. Bildlich gesprochen haben wir ein Freilichtfeuer, das für alle zugänglich ist.

Zwei Sitzungspräsidenten
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