Der erste Rosenmontagszug des neuen Zugleiters Marc Michelske (ulla)

„FasteLpastedGraphic.pngVEnd wenn Dräum widder blöhe“ – der erste Rosenmontagszug des neuen Zugleiters Marc Michelske! Zu Beginn des diesjährigen Richtfests der Persiflagenwagen führte Festkomitee-Präsident Christoph Kuckelkorn den neuen Zugleiter Marc Michelske in sein Amt ein. Er überreichte ihm den Zugleiterorden, der stets vom jeweiligen Amtsinhaber getragen wird.

 

Einen Moment des Innehaltens und der Rückschau war danach die Verabschiedung und der Dank an Marc Michelskes Vorgänger Holger Kirsch. Mit einem Rückblick auf seine Tätigkeit als Zugleiter stellte Christoph Kuckelkorn die Besonderheiten der in dessen Amtszeit entstandenen Züge heraus. Bis auf den im vergangenen Jahr waren es alle Ausnahmezüge, die unter erschwerten Bedingungen entstanden. Während der Coronazeit 2021, als im ganzen Land die Karnevalszüge abgesagt wurden, entwickelte Holger Kirsch den Puppenzug. 2022 war ein Zug im RheinEnergie Stadion, angepasst an die Bedingungen der Pandemie, fertig geplant. Der Überfall Russlands auf die Ukraine führte zu seiner Absage, und innerhalb von drei Tagen stellte Holger Kirsch Kölns größte Friedensdemo mit 250.000 Teilnehmern auf die Beine. Die fertiggestellten Persiflagewagen waren kurze Zeit in der Stadt verteilt für die Kölner zu besichtigen. Zum 200-jährigen Bestehen des Festkomitees 2023 zog der bisher längste Rosenmontagszug von der rechten Rheinseite über die Deutzer Brücke ins Stadtzentrum und verband so beide Rheinseiten miteinander. Zum Dank für seine Verdienste wurde Holger Kirsch mit einem eigens für ihn entworfenen goldenen Orden ausgezeichnet. In diesem sind u. a. prägnante Details seiner Amtszeit, nämlich das Hänneschen und das Peacezeichen eingearbeitet.

Ein besonderer Dank ging dann auch an die vielen Ehrenamtlichen, die den Rosenmontagszug und den Karneval insgesamt überhaupt ermöglichen. Diesen Dank sprach das Dreigestirn ebenfalls aus. Traditionell nimmt es mit dem Kinderdreigestirn am Richtfest teil und sie betreten als erste die Wagenhalle.

Dort wurden sie von der Band Scharmöör, die diesmal auf einem der Musikwagen des Zuges mitfahren darf, mit Musik empfangen.

Auf dem Wagen des Zugleiters in Form einer leuchtend roten Dampflok erwarteten Stadtdechant Msgr. Robert Kleine und Superintendent Bernhard Seiger die Gäste, um den Segen über den Rosenmontagszug und allen Teilnehmern auszusprechen. Msgr. Kleine betonte, dass er den umstrittenen Wagen zum Kindesmissbrauch durch die Kirche als missverständlich und daher als nicht gelungen ansieht. Da er aber die Menschen, die mit dem Zug und den Wagen zu tun haben und nicht die Gegenstände, sprich die Wagen selbst segne, nehme er seine Aufgabe wahr.

Richtfest des Koelner Rosenmontagszuges

Ausgehend vom diesjährigen Sessionsmotto „FasteLpastedGraphic.pngVEnd wenn Dräum widder blöhe“ nimmt Marc Michelske, der neue Zugleiter, für seinen ersten Rosenmontagszug das Wort Liebe zum Leitgedanken der Mottowagen des Zugs. Gegliedert in die drei Abteilungen: kommunal, national und international werden mit den Persiflagen aktuelle Themen dargestellt. Insgesamt werden aus Kostengründen in diesem Jahr sechs Persiflagenwagen weniger gezeigt, also 19 statt 25 Wagen im Zug mitfahren. Zwei der Wagen gibt es erst am Rosenmontag zu sehen, so lange bleiben sie streng geheim. Vier der Wagen sind schon als Skizzen im Bericht über die Pressekonferenz vom 14.02. gezeigt worden, die übrigen werden hier vorgestellt.

Der erste und kommunale Teil ist unter den Oberbegriff: „Liebe Deine Stadt“ gestellt. Es wird auf die Probleme in unserer Heimatstadt aufmerksam gemacht. Mit einem der Wagen wird der scheinbar nie zu gewinnende Kampf dargestellt, den die Stadt mit der um sich greifenden Verwahrlosung ausficht. Schaut man in die Geschichte Kölns, so muss man erkennen, dass schon in den vorangegangenen Jahrhunderten dieses Problem akut war. Leider hat es zurzeit einen traurigen Höhepunkt erreicht. Zwei riesige Ratten suhlen sich ihre Mäuler leckend in den Müllbergen, die den Dom zu ersticken scheinen und heißen freudig die Gäste in der „schönsten Stadt Deutschlands“ willkommen.

Mit den Worten „Bye bye my Love“ wird ihre „Majestät“ Henriette Reker als OB verabschiedet. Bekrönt mit einer Bügelkrone verlässt die OB fröhlich winkend das Rathaus. Die lange Schleppe ihres Hermelinmantels wird von Schäl getragen. Die Schleppe ist in einem erbarmungswürdigen Zustand und mit Flicken übersät. Auf ihnen stehen die ungelösten Projekte der Amtszeit der OB wie „Verwaltungsreform“, „Doppelhaushalt“, „Historische Mitte“, „Oper“, „Geißbockheim“, „Schulen“ und „Großmarkt“.

Mit dem Wagen „Liebe Deinen Nächsten“ wird auf das in der Kölner Gesellschaft so wichtige Ehrenamt aufmerksam gemacht. Ohne das freiwillige und unbezahlte Engagement zahlreicher Bürger würde in der Stadt vieles nicht funktionieren. So ist der Dom, ähnlich einem Oktopus, mit acht Armen dargestellt. Mit ihnen übernimmt er ehrenamtliche Funktionen im Karneval, in den Suppenküchen, in der Feuerwehr, in der Pflege, im Sport, in der Kinderbetreuung und im Unterricht. Der achte Arm umarmt ein Herz mit der Aufschrift „Ehrenamt“.

Auch die viel beschworene „Kölner Verkehrswende“ spielt eine Rolle im Zug. Man fragt sich, ob nicht alle bisherigen Bemühungen letztlich „für den A…“ sind? So gibt es für die im Stau stehenden Straßenbahnen, Busse, Pkws und Radfahrer nur den Weg in einen Tunnel, der aus einem blanken Hintern besteht.

Die Verteilung von Kindergarten- und Schulplätzen für die Kinder Kölns gleicht einem Glücksspiel. Einen Platz zu „ergattern“ ist vergleichbar mit der Gewinnziehung der Lottofee aus der großen Lostrommel und wird in dem Wagen „Bildungslotto“ thematisiert.

Bei den nationalen Themen spielt die Bundestagswahl am 23.2. eine bedeutende Rolle. Einer der beiden geheimen Wagen wird erst nach dem Ergebnis der Wahlen fertiggestellt werden und damit hoch aktuell sein. Aber auch schon jetzt befasst sich ein Wagen mit diesem Thema. Außerhalb der Karnevalshochburgen stellt man sich die Frage, ob die Jecken überhaupt Zeit haben, zur Wahl zugehen, oder ob sie vor lauter Feiern ihre Bürgerpflicht vergessen. Darauf hat der Zugleiter eine eindeutige Antwort. „Aus Liebe zur Demokratie“ geht der Jeck, egal in welchem Zustand, zur Wahlurne.

Zu diesem Thema gehört auch die Persiflage „Liebesgrüße aus Moskau“. Die siamesischen Zwillinge Weidel und Wagenknecht sitzen in einem großen Koffer voller Geld des russischen Präsidenten Putin und präsentieren Blüten mit seinem Konterfei. Sind auf Koffern im Allgemeinen Etiketten von Reisezielen aufgeklebt, so stehen auf diesen Aufklebern Begriffe wie „Hass“, Troll Armee“, „Hetze“, „Spaltung“ und „Fake News“. Sie weisen auf die Versuche hin, mit denen Russland die deutsche Demokratie unterminieren will.

Die Persiflage „Liebe ist die beste Medizin“ setzt sich mit der Krankenhausreform des jetzigen Gesundheitsministers Karl Lauterbach auseinander. Leider führte diese Reform auch zu manchen Problemen. So werden Krankenhäuser geschlossen, Pflegepersonal und Medikamente sind „Mangelware“. Die Kranken und Alten sollen sich besser auf die Liebe als Medizin besinnen als aufwendige Behandlungen zu erwarten.

Richtfest des Koelner Rosenmontagszuges

Ein Thema, das zurzeit virulent ist, ist der desolate Zustand unserer Eisenbahn, der zu Zugausfällen und großen Verspätungen führt. „Liebes-Ent-Zug“ zeigt in drastischer Weise einen Wartenden auf dem Kölner Hbf. Ehemals in froher Hoffnung mit Blumenstrauß und Bonbonniere in Herzform in den Händen erwartete er die Ankunft seiner oder seines Liebsten. Doch bei der enormen Verspätung sind nicht nur die Blumen, sondern auch er vollends verwelkt.

Der Wagen „Sandkastenliebe“ befasst sich mit dem Eingriff Elon Musks in die Bundestagswahl. Das lakonische „SIE WOLLEN DOCH NUR MITSPIELEN“ steht auf den Brettern eines Sandkastens. Hier sitzen der Milliardär und Alice Weidel auf einer Wippe, die aus zwei Armen besteht. Musk, riesig groß, bringt den Winzling Weidel in Höhe und bietet ihr somit eine Bühne wie in dem Interview auf einem Social-Media-Kanal. Die Arme erinnern an die Szene, in der der Tycoon sich der Nazisymbolik bediente. Eine schwarze Armbinde auf seinem linken Anzugärmel ähnelt einer Kampfbinde.

Der Nahost-Konflikt wird mit dem Wagen „Mehr Liebe wagen“ thematisiert. Die Friedenstaube durchbricht das ewige Hin und Her des Kugelpendels „NAHOST“, indem sie eine Kugel mit einer Schere abschneidet und durch ein Herz ersetzt.

Der US-amerikanische Präsident darf im Rosenmontagszug nicht fehlen. Die Persiflage „Donalds Freak Show – Amour Fou“ zeigt ihn in seinem typischen Outfit: blauer Anzug mit roter Krawatte. Ein Uncle-Sam-Zylinder sitzt in Fascinatorgröße kokett auf seiner blonden Locke. Justitia und Miss Liberty hält er mit Leinen um den Hals fest und zwingt beide in die Knie. Zugleich balanciert er die Weltkugel in eindeutiger Geste auf dem ausgestreckten Mittelfinger seiner linken Hand. Damit gibt er einen deutlichen Hinweis, welchen Wert er seinem Spielball Erde zumisst.

Mit dem Wagen „Make Love not War“ wird auf den ungleichen Kampf zwischen dem ukrainischen und dem russischen Präsidenten eingegangen. Man kann sich nur schwer vorstellen, dass Selenski mit seiner Aktion Erfolg hat, Putin mit einem „Herz-Hammer“ in den Boden zu rammen.

Marc Micelske, die Kritzelköpp und die Wagenbauer haben mit diesen Wagen der Stadt und den Jecken einen bunten Strauß an humorvollen, ironischen, bissigen, aber auch von so manchem als irritierend empfundenen Persiflagen gebunden. Jetzt bleibt nur zu wünschen, dass der Zoch und alle Teilnehmer bei hoffentlich herrlichem Sonnenschein gut und sicher durch Kölns Straßen ziehen werden.

Bildnachweis: Alle Fotos: ©BKB außer Bundesbahn, Zugleiterwaen © Festkomitee Kölner Karneval/Belibasakis

Das Jecke BKB Trio